Dienstag, 11. September 2012

Von Fantasy und Computern

Ich weiß gar nicht, wie wir darauf gekommen sind. Hatte es damit zu tun, dass ich mal wieder ein Computergehäuse aufgeschraubt und bis zu den Ellbogen in Hardware gewühlt habe?
  Wie auch immer, irgendwie bekam ich letztens einen nostalgischen Anfall und schwärmte mal wieder von der guten, alten Computerzeit - von den 80ern und frühen 90ern, als die neue Technologie noch ein Tummelplatz von Freaks und wenigen Eingeweihten war, als man sich die Hardware noch einzeln auf okkulten Computermärkten oder von versteckten Garagengeschäften besorgte und daheim zusammenmontierte; als man mit einer 16MB-Speichererweiterung noch offenmündiges Staunen auslösen und neue Peripherie präsentieren konnte, von der ein gewöhnlicher Mensch noch nicht mal gehört und die von anderen Nerds bewundernd betastet wurde.
  Oh, eine glückliche Zeit, da man sich als Mitglied einer geheimen Gesellschaft fühlen konnte und mit Misstrauen und Unverständnis beäugt wurde, wenn man außerhalb der geschlossenen Zirkel von Grafik und Festplatten und Druckern sprach ...

Heutzutage ist der Computer im Mainstream angekommen. Jeder hat einen ... oder zwei. Oder drei. Zusätzlich zu Handy, MP3-Player und Waschmaschine, die selbst schon mehr von einem Computer an sich haben als alles, was in den 80ern unter diesem Namen verkauft wurde.
  Nicht jeder kann mit dem Kram umgehen, aber zumindest kann jeder mitreden, wenn man über Computerprobleme spricht. Und die neueste Hardware hat sowieso jeder, der sie sich leisten kann - nur interessiert sich niemand mehr dafür, weil man eben nicht mehr viel Ahnung oder Findigkeit braucht, um sie zu besorgen. Und es scheint auch kaum noch der Mühe wert, sich damit zu beschäftigen, weil es Technik & Rechenleistung im Überfluss gibt und das Ganze, kurz gesagt, seinen Zauber verloren hat.
  Aus dem elitären Steckenpferd einer winzigen Minderheit ist bloßer Alltag geworden.

Und während ich also mit meiner Freundin darüber sprach, stellte ich fest, dass die Computerei nicht das Einzige ist, dem es so ergangen ist. Was war es noch für eine Besonderheit, in den 80ern als Fantasyfan unterwegs zu sein! Als Mitglied einer winzigen Gruppe von Eingeweihten, die über Dinge sprach, die ein Außenstehender gar nicht nachvollziehen konnte. Belächelt als Freaks, immer am Stöbern nach neuen Titeln, in den entlegenen Winkeln der Buchhandlungen ...
  Das war einmal. Auch die Fantasy ist im Mainstream angekommen. Seit Harry Potter liest jeder Fantasy, seit den Kinofilmen ist auch so ziemlich jeder Herr-der-Ringe-Fan. Die »normalen« Autoren beklagen sich, dass die Fantasy sie an den Rand drückt und den Platz im Buchhandel okkupiert ... Da kann man sich als Fantasyfan kaum noch als Angehöriger einer kleinen, verschworenen Gemeinschaft fühlen!
  Fantasy ist Alltag, und die Tatsache, was man an Fantasy bevorzugt, ist inzwischen bedeutsamer als der Umstand, dass man überhaupt Fantasy mag. Wer hätte das gedacht, damals, in den 70ern, den 80ern, den frühen 90ern?

Und vor allem fragt man sich da: Wann zum Teufel bin ich eigentlich normal geworden?

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