Dienstag, 27. November 2012

Experten in der Kurzschlussfalle

Bei all den Lebensmittelskandalen in der letzten Zeit hört man immer wieder denselben Spruch: Der Kunde ist selbst schuld, er will die Lebensmittel immer nur billig haben und muss sich dann nicht wundern, wenn er Schrott bekommt.
  Genau diese Begründung habe ich letztens erst in einem Sachbuch gelesen. Als Beispiel wurde der Dioxin-Skandal genannt, und der Autor stellte die Frage: Warum kauft der Kunde nicht dann und wann die teureren Bio-Eier? Bei den Billigeiern für ein paar Cent müsse er sich ja nicht wundern, wenn da Gift drin wäre.
  Nette Schlussfolgerung. Problem dabei: Gerade die Bio-Eier (und Eier aus Freilandhaltung) waren vom Dioxin besonders betroffen, weil es nämlich über belastete Böden ins Essen geriet. Wer billige Stall-Eier kaufte, war hingegen auf der sicheren Seite.
  Das ist kein Einzelfall. So zu erfahren gerade erst wieder bei der Ölpest in Adventskalendern. Sofort lese ich den ersten Leserbrief in der Zeitung: Verbraucher selbst schuld, immer nur die billigste Schokolade, blablabla. Pech nur, dass gerade die beiden teuersten Kalender unter den am höchsten belasteten waren.

So läuft es immer. Trotzdem wird bei jedem neuen Skandal dieser Zusammenhang zwischen Preis der Lebensmittel und deren Belastung gepredigt. Und das nicht nur in Leserbriefen, sondern sogar von Fachbuchautoren und aus der Politik. Dass dann auch regelmäßig Beispiele genannt werden, die genau das Gegenteil belegen, zeigt deutlich, dass diese selbsternannten »Experten« gar nicht so genau hinschauen und sich nicht weiter um die Tatsachen kümmern, wenn sie viel lieber ihre ideologische Meinung verkünden möchten.
  Die Wahrheit bei all diesen Skandalen sieht leider so aus: Lebensmittel werden nicht billiger, weil jemand Gift da reintut. Darum sind die billigen Lebensmittel auch nicht stärker vergiftet als die teueren. Lebensmittel sind belastet, wenn sich keiner darum kümmert, die Qualität zu überprüfen und Belastungen vom Markt fernzuhalten.
  Bessere Lebensmittel bekommt man also nur durch mehr Kontrollen, nicht durch höhere Preise. Das lässt am Ende die Lebensmittel vielleicht teurer werden - aber die Kontrolle muss zuerst da sein und ist dann selbst in den billigsten Preisen schon mit eingerechnet. Mehr zu zahlen, als man muss, bringt also gar nichts ... Es sei denn natürlich für die Art von Qualität, die man selbst sehen kann oder die transparent zertifiziert ist.

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