Samstag, 15. Juni 2013

Geteiltes Leid

Nach dem im letzten Post genannten Anruf war ich gestern so sauer, dass ich darüber nich nur einen Blogeintrag schreiben wollte, sondern meine Einschätzung des Ebay-Kundenservices auf verschiedenen Bewertungsportalten zu teilen gedachte. Das habe ich dann doch gelassen - nicht wegen besserer Einsicht, sondern weil es schlicht überflüssig anmutete.
  Egal wo ich schaute, die Bewertungen waren voll von Äußerungen, die so ziemlich dasselbe besagten wie das, was ich zu schreiben gedachte. Bei WOT beispielsweise waren auf der ersten Seite nur Beschwerden zu finden; ein paar über schlechte Erfahrungen mit Ebay-Händlern, was zu erwarten ist, überraschenderweise aber auch mehr als die Hälfte über den Service bei Ebay selbst. "Schlechter Kundenservice, wenn es mal nicht so läuft" - diesem Kommentar hatte ich im Grunde nichts hinzuzufügen.

Seltsamerweise ging es mir nach diesem Streifzug durchs Netz gleich viel besser. Wie kommt es eigentlich, dass man sich gleich viel weniger ärgert, wenn man herausfindet, dass genug Leute derselben Meinung sind und Vergleichbares erlebt haben? So gesehen müsste es ja traurig stimmen, dass sich so viele Leute ärgern und sich doch nichts ändert ...
  Aber offenbar tickt der Mensch doch anders und findet genug Trost in der Bestätigung, nicht nur in der Lösung.
 

Freitag, 14. Juni 2013

Ebay ... war auch mal besser

Heute wollte Linda ausnahmsweise einen Artikel zum Verkauf anbieten. Was sich als Problem erwies, denn Ebay bezweifelte mal eben ihre Identität und leitete ein Sicherheitsverfahren ein, um zu verifizieren, dass es tatsächlich der richtige Nutzer ist, der sich da anmeldet.
  Alles Routine bis hierhin. Das Problem lag darin, dass dieser Vorgang nicht gerade mit routinierter Einfachheit funktionierte. Zuerst wurden Rückanrufe angekündigt, auf die man lange warten konnte. Dann wurden Einzelheiten erfragt, die eher merkwürdig waren (beispielsweise zum Paypal-Konto, obgleich Paypal im Angebot gar nicht vorgesehen war), die nicht zur Identifizierung taugten (denn Linda unterhält gar kein Paypal Konto, das läuft unter meinem Namen) oder die ohne größeren Nutzen für unerwartete Schwierigkeiten sorgten (beispielsweise, mit welcher längst nicht mehr existenten Mailadresse man sich irgendwann mal zum Jahrtausendwechsel bei der Firma angemeldet hatte).

Ich kann mir denken, was die Überprüfung veranlasst hat: Lindas letzte Bestellung lief über Paypal, was - siehe oben - schon mal Fragen bezüglich der Identität aufwerfen kann. Der Grund, der am Telefon genannt wurde, war schlicht der, dass Ebay die Rechner prüft, von denen aus zugegriffen wird, und festgestellt wurde, dass der Zugriff für die Angebotseinstellung von einem anderen Rechner erfolgte als die Bezahlung der letzten Bestellung.
  Klar, die erfolgte von meinem Rechner aus.
  Der Auslöser für die Überprüfung war also nicht weiter bemerkenswert. Dass bei einer Bestellung im selben Haushalt mal der eine Partner bestellt und der andere bezahlt, sollte so ungewöhnlich nicht sein. Und das in einem Haushalt heutzutage mehr als ein Computer steht, ist ein derart trivialer Sachverhalt, dass eine Firma einen solchen Fall einplanen sollte, ohne dass davon gleich das System gesprengt wird.
  Eine Überprüfung sind beide Dinge möglicherweise wert. Diese Überprüfung sollte allerdings der Alltäglichkeit der Vorfälle entsprechen und glatt und unaufdringlich ablaufen - professionell und kundenfreundlich eben.
  Und genau da liegt der Mangel, den ich beklage. Was tatsächlich erfolgte, war eher ein viertelstündiges Nerven des Kunden als eine einfache Identitätsprüfung.

Noch dazu empfand ich den Sachbearbeiter am Telefon nicht gerade als höflich und kundenorientiert. Er klang eher gelangweilt bis rechthaberisch - und passte damit recht gut zu dem Eindruck, den ich in den letzten Jahren auch aus anderen Beschwerden und Medienberichten über das Unternehmen gewonnen habe: dass Ebay sich inzwischen nämlich groß und etabliert genug fühlt, um nicht mehr als Dienstleister gegenüber seinen Kunden aufzutreten, sondern einfach wie ein Monopolist sein »Ding« durchzuziehen, und wem das nicht passt, der hat halt Pech gehabt.
  Das Auftreten des Mitarbeiters am Telefon vermittelte mir jedenfalls den Eindruck, dass umstrittene Vorfälle rings um das Unternehmen (wie beispielsweise die vor einigen Jahren diskutierte Paypal-Pflicht für Verkäufer), nicht nur Einzelfälle sind, sondern durchaus Ausdruck einer grundsätzlichen Unternehmenskultur. Was womöglich auch ein Grund dafür ist, dass Ebay heutzutage nicht mehr so »cool und angesagt« ist, wie es in den Anfängen einmal war.
  Denn auch das habe ich in den letzten Jahren persönlich und im Bekanntenkreis so erlebt. Klar, man nutzt diese Plattform dann und wann - aber es ist nicht mehr der erste Anlaufpunkt, und nachdem ich vor einigen Jahren noch fast ständig dort vorbeigeschaut habe, vergesse ich Ebay inzwischen oft genug sogar als möglichen Anbieter, wenn ich ein Produkt suche.
  Und wenn ich bislang dachte, dass das einfach daran liegt, dass mittlerweile die Konkurrenz von Onlineshops und vor allem auch dem Amazon-Marketplace so groß geworden ist, dass Ebay nicht mehr dieselbe Bedeutung hat wie vor zehn Jahren, so frage ich mich heute, in welchem Umfang es nicht ganz konkret am Anbieter selbst liegt, dass man nur noch unter »ferner liefen« dort vorbeischaut - daran, dass Ebay nicht einmal mehr versucht, darüber nachzudenken, wie man für seine Kunden sympathisch auftritt?

Sonntag, 2. Juni 2013

Jedem Anfang wohnt ein Ende inne

Wie im letzten Eintrag erwähnt, war ich den Mai über in Patara. Das ist nicht nur eine antike Ruinenstadt, sondern auch eine, wo der Leiter der archäologischen Grabung die Gebäude aus den gefundenen Steinen zu rekonstruieren versucht. Ein Ergebnis kann man in diesem Jahr bewundern: die Versammlungshalle des lykischen Bundes erstrahlt in nagelneuer Schönheit. Bei meinem letzten Besuch drei Jahren war das nur eine schmuddelige Quadermauer mit Baugerüst; jetzt fehlt nur noch das Dach (das war aus Holz, und wird darum auch weiterhin fehlen). Und das ganze glänzt so weiß, dass sie die alten Mauersteine vermutlich gesandstrahlt haben.

Jetzt kann man über die Frage nach Rekonstruktion oder Konservierung gefundener Ruinen ja geteilter Meinung sein. Aber der Grund, warum ich oben sehr frei den Hesse zitiert habe, ist ein anderes Bauwerk in Patara: das alte Hafenbad. Das war vor drei Jahren eine sehr malerische Ruine. Da standen nur noch ein paar Mauern, die aber doch so vollständig, dass sie einen klaren Umriss ergaben; dazu ein Torbogen, eingesunkene Bodenplatten, ein Olivenbaum, der sich an Außenmauer schmiegt ... kurz gesagt, ich habe das Gebäude geliebt und empfand es als das stimmungsvollste in der Stadt.
 In der Zwischenzeit ist das Hafenbad Teil des Rekonstruktionsplans geworden. Man hat die Mauern tiefer ausgegraben und ein paar weitere Außenmauern rekonstruiert - und was man jetzt sieht, ist eine fette, abgesperrte Baugrube, Mauerreste in unterschiedlichsten Stadien von Zerfall und rekonstruktion, das ganze überzogen mit Gerüsten und jeder Menge Stützbalken. Alles in allem sieht es nicht mehr nach einer Ruine aus, sondern nach einer Baustelle.
 Der Zauber ist weg.

Vielleicht werde ich das Gebäude lieben, wenn es rekonstruiert ist. Denn unabhängig von ideologischen Diskussionen über das Für und Wider muss ich doch zugeben: Bei der fertig rekonstruierten Sitzungshalle sieht man schon was. Wow. Mag sein, dass das Hafenbad ein noch beeindruckenderer Hingucker wird, wenn es denn bis an die Grenzen der vorhandenen Substanz (und darüber hinaus) wieder hergestellt wurde.
 Das aber wird nichts daran ändern, dass, um das Bad wiederaufzubauen, etwas anderes zerstört wurde. Denn die alte Ruine, die ich jetzt noch auf den Fotos meines ersten Besuches sehen kann, die ist endgültig verschwunden. Die Rekonstruktion, was auch immer sie bringt, wird nicht mehr dieselbe Ausstrahlung haben wie das Gebäude, das vorher dort stand. Sie mag gelungen sein, sie mag einen besseren Eindruck vom ursprünglichen Bad vermitteln - aber dafür muss etwas anderes verschwinden, was durchaus auch einen eigenen Wert an sich hatte.
 Dieser Verlust, denke ich, wird nie so deutlich empfindbar wie in diese Augenblick: Wenn das Alte unwiederbringlich fort ist und man den Akt der Zerstörung fühlen kann, ohne dass das Neue schon da ist und den Verlust überstrahlen kann.