Mittwoch, 15. Juli 2015

Die Bahn - Premium Preis, null Service

Seit der Freigabe der Strecken fahre ich bevorzugt Fernbus. Während mit den Bussen ein günstiger Konkurrent eingestiegen ist, hat die Bahn ihre Sonderangebote eher abgebaut. Bis vor kurzem habe ich nie mehr als ca. 120 Euro für eine Hin- und Rückfahrt nach München bezahlt (die Strecke fahre ich mindestens zweimal im Jahr). Seit letztem Jahr habe ich mehrfach versucht, so eine Fahrt zu buchen, und nie weniger als 100 Euro für eine einzelne Fahrt geboten bekommen.
  Sprich, die Bahn muss die Zahl ihrer Sonderangebote (die’s ja immer noch gibt) spürbar verringert haben.
  Für den Fernbus kriege ich problemlos ein Ticket für 10 Euro. Wenn es etwas schneller und komfortabler sein soll, zahle ich auch mal 20 Euro. Mehr als 25 Euro habe ich für ein Ticket nach München noch nie bezahlt. Macht eine Differenz von 150 Euro für Hin- und Rückfahrt. So viel Geld ist die etwas schnellere Fahrt und der größere Komfort bei der Bahn meist doch nicht wert.

Wenn, ja wenn es die schneller Fahrt und den größeren Komfort, den Fahrpläne und Zugbeschaffenheit versprechen, tatsächlich gibt. Da man nicht alle Strecken mit dem Fernbus fahren kann, stelle ich die Bahn diesbezüglich immer wieder auf die Probe. Und zu meinem Schrecken muss ich sagen:
  In diesem Jahr habe ich nicht eine Bahnfahrt erlebt, bei der der Zug auch nur halbwegs fahrplanmäßig ankam, oder überhaupt die Strecke durchfahren konnte, die ich gebucht hatte.
  Bei meinen ersten Fahrten schlug mir regelmäßig der Bahnstreik dazwischen. Als ich jetzt meine Eltern besuchen wollte, war ich also froh, dass wenige Tage vorher die Einigung im Tarifstreik verkündet wurde und der Streik endgültig abgesagt war. Dann müsste jetzt ja alles klappen, dachte ich mir ...
  Pustekuchen!
  Zuerst war es die S-Bahn von München nach Ebersberg, die in Grafing Bahnhof plötzlich nicht mehr weiterfuhr. Die Durchsage war nicht verständlich, und während wir Fahrgäste noch rätselten, was zu tun ist (Die Anzeige am Bahnhof sagte, der Zug fährt weiter nach Ebersberg, eine Durchsage verwies uns auf Gleis 2, der Schaffner am Bahnsteig schickte die Fahrgäste in die entgegengesetzte Richtung), verlor ich meinen Koffer aus den Augen und saß ohne Gepäck im falschen Zug. Den Koffer habe ich wiederbekommen, aber der Stress blieb an mir hängen.
  Auf der Rückfahrt dann die BOB von Bayrischzell nach München. Am Bahnsteig erfuhr ich, dass die Strecke gesperrt ist und ein Schienenersatzverkehr fährt - super, eine Stunde Verspätung. Anschluss verpasst. Doppelt ärgerlich, dass das keine überraschende Unterbrechung war, sondern eine geplante Baustelle, sprich: Bei der Buchung wusste die Bahn schon, dass die Verbindung so nicht fährt. Hätte man mir das angezeigt, hätte ich mich drauf einstellen können. Als registriertem Nutzer hätte die Bahn mir auch noch eine Mail schicken können.
  Tatsächlich musste ich erst zum Bahnsteig gehen, um von einem Hinweis auf dem Bahnsteigschild zurück zum Fahrplan geschickt zu werden (!), wo dann ein Zettel mit den Notfallplänen ging. Die dann noch nicht mal problemlos liefen.
  In Miesbach lenkten uns die Angestellten zielgerecht in den falschen Bus. Hätte ich nicht zufällig durchs Busfenster noch das Busschild am Fahrzeug auf der anderen Straßenseite gesehen, wäre ich sonstwo gelandet. In Deisenhofen war der Anschlusszug nicht ausgeschildert - erst auf der Bahnsteiganzeige erfuhr man, dass der Zug nach München hier abfährt.
  Hat eine Weile gedauert, bis ich alle Bahnsteige und Pläne abgeklappert habe, um überhaupt an der richtigen Stelle zu landen. Schön wäre gewesen, wenn wenigstens der Busfahrer angekündigt hätte, wo man hin muss - wenn Wegweiser am Bahnhof schon zu viel verlangt sind.
  Die ärgerlichen Kleinigkeiten setzten sich fort. Im Zug war die erste Toilette defekt. Also, weiterlaufen in den nächsten Zugteil (kein durchgehender Zug, also Zugteilwechsel nur möglich, solange der Zug am Bahnsteig steht). Im nächsten Zugteil klebte kein Zettel, nur die Leuchtanzeige an der Tür verriet, dass dieses Klo auch defekt ist. Zum Glück stand ein Mitarbeiter herum und wies darauf hin, dass es noch einen dritten Zugteil gibt. Hier funktionierte die Toilette, aber dafür war in diesem Zugteil die Klimaanlage defekt, so dass ich den Rest der Fahrt die Außentemperatur von 29 Grad genießen konnte.
  Also, bei der Bahn funktioniert nicht nur das große Ganze nicht (also die Beförderung zu den gebuchten Orten zu halbwegs verlässlichen Zeiten), es hapert auch am ganzen Drumherum. Und ob Streik, Orkan oder gar keine Störung, es läuft immer gleich schlecht. Genau genommen funktioniert nichts - nicht mal die Anzeige am Bahnsteig (siehe Foto von der letzten Etappe meiner Rückfahrt).

  Und dafür dann der vierfache Fahrpreis wie bei den Mitbewerbern!

Mein Fazit lautet also: Bahnfahren ist was für Reisende, die gern eine zusätzliche Stunde Fahrt hätten, weil sie die Zeit brauchen, um noch einen miesen Blogeintrag über die Bahn zu schreiben - für den sie auch noch ein wenig Inspiration benötigen.
  Wer allerdings in seinem Leben was besseres vorhat, sollte ein anderes Verkehrsmittel wählen.

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