Samstag, 9. Juni 2007

Klima satt

Heutzutage wird ja so ziemlich jedes Thema von den Medien zu Tode geritten. Erst wird es breitgetreten, als gäbe es nichts anderes, bis sich wirklich niemand mehr dafür interessiert. Und weil es dann niemand mehr hören kann, hört man auch nichts mehr davon – obwohl die Probleme, um die es ging, weiterhin bestehen bleiben.
  In den 80er Jahren war es das Waldsterben, und bei den medialen Posaunenklängen hätte man meinen mögen, es gäbe morgen schon keinen Baum mehr in Deutschland. Heute sterben die Bäume immer noch, aber „Waldsterben“ ist ein Schlagwort von gestern – und zugleich Alltag geworden. Dann kam die Atomkraft, die Vogelgrippe und und und ... und es kommt einem allmählich alles zu den Ohren raus.
  Vor kurzem war der Punkt erreicht, wo es mir mit der Klimakatastrophe so ging.


Lange genug musste ich mir schon fast täglich mehr oder minder fundierte, stets aber gleichermaßen aufgeregte Artikel zum Thema anhören. Fand ich nicht so gut, weil man meistens ein und dasselbe schon ein Dutzend Mal gehört hat. Dann aber folgte ein Beitrag in der Sonderbeilage meiner Tageszeitung, der sozusagen "dem Fass die Krone aus dem Gesicht schlug": Was ich gegen den Klimawandel tue.
  Und dort kamen dann auf 8(!) Zeitungsseiten mehr oder minder unbedarfte Leser mit ihren mehr oder minder naiv-laienhaften Tipps zum Klimawandel zu Wort. Manches war sinnvoll, manches banal, anderes aber auch nur noch verschroben zu nennen – wie beispielsweise das Ehepaar, wo der Mann nur noch sein Fleisch und die Frau ihren Käse essen darf, wenn der jeweilige Partner den erhöhten CO2-Ausstoß durch diese Nahrungsmittel durch einen extra-vegetarischen Rohkosttag ausgleicht (oder so ähnlich).
  Muss man sich das wirklich antun? Als Leser meine ich, oder als Zeitungsredakteur den Lesern. Wie die Betroffenen selbst glücklich werden, sei ihnen natürlich auch selbst überlassen.
  Jedenfalls habe ich diese Beilage als den absoluten Tiefstpunkt der Klima-Diskussion erlebt, und ich musste für mich feststellen: Mir reicht es. Ich kann es nicht mehr sehen. Ich kann es nicht mehr lesen. Ich will es nicht mehr hören.
  Das Klima mag sich ändern. Aber diese ganze Schwachsinnsdiskussion darüber hat darauf so wenig Auswirkung wie die Deckmäntelchen-Maßnahmen, die politisch diskutiert werden. Eine aufgeregte Medieninszenierung ohne jeden Wert, und sie kommt mir inzwischen zu den Ohren raus.


Also, wie bei den anderen Problemen würde ich sagen: Es wird Zeit, damit zu leben. Den Klimawandel zu verwalten und zu versuchen, das Gesamtsystem trotz der Veränderung am Laufen zu halten. Geredet wurde für meinen Geschmack jetzt genug darüber.
  Und plakativen Aktionismus will ich auch nicht hören. Sicher, die Probleme sind real und bleiben bestehen – wie das Waldsterben, Störfälle in AKWs und die Endlagerproblematik, Pandemiegefahren und die Feinstaubbelastung. Man wird darauf reagieren müssen und irgendetwas tun, meist im Kleinen und durch solide, unspektakuläre Arbeit, die bald schon zu unserem Alltag gehören wird.
  Aber ich warte jetzt schon auf den Tag, wo auch der letzte Medienmacher merkt, dass er auf einem toten Pferd reitet, und dieses unsäglich niveaulose Klimagequake endlich einem frischeren Modethema Platz macht.