Mittwoch, 10. Dezember 2008
Jemand zu Hause?
Zu lesen bekommt man es hoffentlich trotzdem, an anderer Stelle. Und wenn ich wieder Tippkapazitäten frei habe, möchte ich auch wieder den ein oder anderen Blogbeitrag schreiben.
Bis dahin bleibt es hier erst mal ruhig.
Samstag, 12. Juli 2008
Wo kein Rauch ist ...
In den Medien werden derzeit ja allerhand Rauchbomben am Rand dieses gesellschaftlichen Minenfelds abgebrannt: über "Raucherclubs", Probleme bei der Umsetzung, offene Verweigerung ... Aber ich muss sagen, die Wirklichkeit spiegelt das alles nicht wieder - zumal gerade Speisegaststätten, wo Rauchen immer am meisten gestört hat, für all die Ausnahmen eigentlich gar nicht zur Debatte stehen. Wenn ich derzeit ausgehe, erlebe ich jedenfalls nur eines: Rauchfreiheit. Und ich finde es großartig!
Endlich kann man problemlos überall einkehren; man muss sich keine Sorgen machen, dass sich während des Essens plötzlich ein Schornstein an den Nebentisch setzt und den Betrieb aufnimmt ... Überall, wohin ich gehe, herrscht saubere Luft. Mag sein, dass es irgendwo noch diesige Winkel gibt, aber solange man genug rauchfreie Gaststätten findet, soll mir das auch egal sein. Und die gab es vorher nicht, und jetzt überall. Ich fühle mich plötzlich befreit und merke umso stärker, wie eingeschränkt man früher doch durch den allgegenwärtigen Qualm war.
Also, wenn man so will: ein Prost auf das Rauchverbot ;-)
Mittwoch, 2. Juli 2008
Wie nerdige Programmierer Geschäfte verhindern ...
Wer hat es noch nicht erlebt: Verspielt designte Webseiten, bei denen die wichtigen Funktionen nicht funktionieren? Internetangebote, bei denen man zur Nutzung alle Sicherheitseinstellungen abstellen muss; Webshops, bei denen sich die Bestellung nur dann abschließen lässt, wenn man irgendein Applet installiert hat, das man eigentlich gar nicht haben will; Seiten, die so groß sind, dass die Links außerhalb des sichtbaren Bildschirms liegen - und sich auch nicht heranscrollen lassen, weil der programmierende Grafiker anscheinend eine Bildschirmauflösung im Gigapixelbereich hatte und der Ansicht ist, dass jemand mit kleinerem Bildschirm es nicht wert ist, seine geniale Webseite anzuschauen.
Heute habe ich auch noch eine weitere Variante dieser Programmiersünden gesehen: das Werbebanner, das Geschäfte verhindert. Als ich auf der Seite einer Tageszeitung nämlich in den aktuellen Nachrichten geblättert habe, fand ich ausnahmsweise mal eine Werbung, die mich wirklich interessiert hat. Ich hätte mir das Angebot gerne näher angeschaut, aber bitte ohne die aktuelle Seite dabei zu verlassen.
Normalerweise klickt man dann mit der rechten Maustaste den Link in einem neuen Fenster auf - nur: Das war bei diesem Werbebanner nicht möglich. Es war nämlich kein sauberer HTML-Link, sondern ein "verscripteter" Link, der sich nicht über die rechte Maustaste erreichen ließ. Also habe ich zunächst mal die Nachrichten zu Ende gelesen - und bis dahin war die offenbar zeitgesteuerte Werbung weg, und ein neues Banner da. Ich hatte also nichts mehr zum anklicken, und der Anbieter hat sich durch die schlechte Gestaltung seines Werbebanners selbst aus dem Geschäft gekickt, obwohl er tatsächlich einen interessierten Kunden gefunden hatte.
Wie gesagt, solche Dinge passieren einem im Internet immer noch viel zu oft. Diese Mängel entstehen, wenn technikbezogene Freaks statt kundenbezogener Profis die Programmierarbeit leisten. Nur frage ich mich, warum lassen sich Firmen auf so etwas ein? Warum gibt es keine Qualitätskontrolle, die sicherstellt, dass die Produkte der Programmierer auch das tun, wofür die Firma bezahlt hat - nämlich möglichst viele Kunden erreichen und möglichst zum Verkauf der Produkte beitragen? Das wäre nämlich nicht nur fürs Unternehmen gut, sondern würde auch den Kunden viele Nerven sparen. Nur die Webdesigner, die müssten ihrer Online-Spielsucht dann in der unbezahlten Freizeit frönen.
Dienstag, 17. Juni 2008
Von Bildung und Miss-Bildung
In der Zeitschrift "Technology Review" fand sich letztens (okay, Ende April und vor meiner Reise...) ein Test mit 50 wissenschaftlichen Fragen, deren Antwort "man" angeblich kennen "muss". Nun bin ich ja zum einen wissenschaftlich interessiert, und hatte zum anderen auch "Prüfungs- und Testverfahren" als Schwerpunktthema im Staatsexamen. Auf diese Weise doppelt herausgefordert, habe ich den "Test" also gleich mal "getestet".
Das erste bemerkenswerte Ergebnis waren 100% in Chemie. Da ich nun in diesem Fachgebiet noch am wenigsten Ahnung habe und zudem selbst auch sehr genau weiß, dass ich bei jeder Frage unsicher war und die Antwort nur geraten habe, spricht das Ergebnis nicht unbedingt für meine Chemiekenntnisse, sondern eher gegen die Aussagekraft des Tests.
Maschinenbau hingegen zählte nicht zu meinen Stärken. Das ist eigentlich nicht erstaunlich - aber die Art, wie das Ergebnis dann zustande kam, wunderte mich doch. Eine der Fragen, die ich falsch beantwortet hatte, lautete: "Wozu dient ein Getriebe?" Nun weiß ich ziemlich genau, was ein Getriebe ist, und könnte theoretisch auch eines bauen ... wenn man denn ein Getriebe theoretisch bauen könnte und dafür nicht auch noch handwerkliche Fähigkeiten nötig wären :-( Das allerdings war in den Antwortvorgaben nicht gefragt, sondern stattdessen musste man sich zwischen vier Erklärungen entscheiden, die einander teilweise recht ähnlich waren und mit Fachworten gespickt. Und im Gegensatz zur Funktionsweise eines Getriebes kannte ich diese Fachworte eben nicht alle exakt, sondern wusste ihre Bedeutung meist nur so in etwa. Was in dem Falle nicht ausreichte, um die richtige Lösung zu erraten.
Der Bereich Maschinenbau umfasste so wenige Fragen, dass diese eine falsche Antwort schon den Unterschied zwischen einem guten und einem durchschnittlichen Ergebnis ausmachte. Und wenn ich mir nun überlege, dass der Test zwar gute Kenntnisse im Maschinenbau attestiert, wenn man exakte fachsprachliche Begriffsdefinitionen auswendig kennt, aber nicht, wenn man Maschinenteile wirklich bauen kann ... Dann bin ich wieder an dem Punkt, wo zweifelhaft wird, ob dieser Test seinen intendierten Anspruch tatsächlich erfüllen kann.
Vollends absurd wurde es dann allerdings im Bereich Umwelt, nämlich bei der Frage: "Wenn die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf dem Niveau des Jahres 2000 eingefroren würde, um wie viel würde die Durchschnittstemperatur der Erde laut Weltklimarat pro Jahrzehnt weiter ansteigen?"
Nun weiß jeder, der den wissenschaftlichen Diskurs zum Klimawandel verfolgt, dass es bisher noch kein wissenschaftlich abgesichertes Modell gibt, das den Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und Temperaturanstieg quantifizieren kann. Alle Algorithmen, die dazu entwickelt wurden, sind bisher an der Prognose gescheitert und müssen daher als widerlegt gelten. Selbst wenn man also einen Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und Erwärmung annimmt, was im Grunde plausibel scheint, so muss man doch bei korrekter wissenschaftlicher Arbeitsweise zugeben, dass bis heute niemand das exakt ausrechnen kann.
Was man also bei dieser Frage wissen sollte, war keine wissenschaftliche Erkenntnis - es war eine konkrete Zahl, die ausdrückt, was irgendwann mal irgendwelche Wissenschaftler aufgrund einer inzwischen überholten Theorie glaubten, was passieren könnte, wenn ein gewisses Ereignis stattfände, von dem man inzwischen ebenfalls weiß, dass es nicht eingetreten ist - denn bekannterweise wurde der CO2-Ausstoß im Jahr 2000 nicht eingefroren. Abgefragt wurde also ein episodisches Faktum, das an konkreter wissenschaftlicher Relevanz kaum noch zu unterbieten ist. Welcher Fachwissenschaftler das auch immer als Ausdruck "besonders guter wissenschaftlicher Allgemeinbildung" in den Test gebracht hat: Er muss eine Vorstellung von wissenschaftlicher Methodik haben, die eines Sozialpädagogen würdig wäre.
Was also lerne ich aus diesem Test? Nun, zunächst einmal illustriert er wieder ein Problem, dass schon während meines Studiums zum Thema "Prüfungsverfahren" thematisiert wurde: dass sich nämlich nur episodisches Wissen eindeutig abfragen lässt, also "Lexikoneinträge" etc., nicht jedoch strukturelles Wissen - also die Fähigkeit, Fakten in einen sinnvollen Kontext zu setzen und damit zu arbeiten. Und episodisches Wissen veraltet nicht nur besonders schnell, es gibt auch kein wirklich wichtiges episodisches Wissen.
Wohlgemerkt: Das bedeutet nicht, dass episodisches Wissen an sich unwichtig wäre. Man braucht einen reichhaltigen Fundus an Fakten, um strukturelles Wissen daraus bilden zu können. Das Problem fängt erst dann an, wenn man einige einzelne, konkrete Fakten herausgreift und sie für "besonders wichtig" erklären möchte. Denn für sich genommen ist episodisches Wissen nur von exemplarischem Wert und relativ austauschbar.
Und was ist es wert, wenn ein Ankreuztest in einer Zeitschrift selbstbewusst eine allgemeine Aussagekraft für sich in Anspruch nimmt und auf die "20 herausragenden Wissenschaftler" verweist, die daran mitgearbeitet haben? Nun, vor allem ist diese Ankündigung ein Hinweis darauf, woher die anderen, vermeidbaren Schwächen rühren - insbesondere die übermäßige Ballung fachsprachlicher Begriffe und die Konzentration auf quantitative anstatt qualitativer Abgrenzung in den Antwortvorgaben. Da kann man sich nicht mal mehr über ein an sich gutes Ergebnis freuen, weil man das Gefühl bekommt, dass man es nicht für sein Wissen bekommen hat, sondern weil man sich erfolgreich durch einen großen Berg Fachwortsalat gefressen hat.
Dann illustriert dieser Fragebogen zuallererst eines: dass man einen Test zu Fragen der Allgemeinbildung niemals von Fachwissenschaftlern formulieren lassen sollte. Denn so schwer es auch ist, den Bildungsbegriff überhaupt irgendwie belastbar zu quantifizieren: Gemeinwissen ist nun eben das Fachgebiet, auf dem Fachwissenschaftler in aller Regel die größten Laien sind.
Donnerstag, 5. Juni 2008
Urlaub? Von wegen!
Ich war also auch auf Helgoland fleißig, und musste das auch sein - immerhin hatte ich im Mai den Abgabetermin für meinen nächsten Roman. Und bei meiner Rückkehr konnte ich dann auch feststellen, dass das Buch inzwischen auch bei Lübbe offiziell angekündigt ist. Außer Titel und Cover findet man zwar noch nicht viele Informationen, aber bis zum Erscheinen im nächsten April ist es ja noch eine Weile hin.
Immerhin, es tut sich was. Und das war nach meiner Rückkehr von Helgoland auch eine schöne Entdeckung.
Mittwoch, 4. Juni 2008
Wieder an Land gespült
Im letzten Eintrag habe ich ihn angekündigt - jetzt ist er vorbei: der Aufenthalt auf Helgoland. Seit dem Wochenende bin ich wieder zu Hause, und inzwischen hat mich auch der Alltag wieder.
Wie man sieht, sah man seither nichts mehr von mir, das Blog blieb leer. Das lag daran, dass ich von Helgoland aus nur beschränkten Zugriff aufs Internet hatte. Ich will nicht sagen, dass die Anbindung schlecht war - irgendwie war sie genau so, wie von den anderen Nordseeinseln gewohnt. Surfen konnte man, aber sobald man Dateien übertragen wollte oder ähnliches, erwies sich die örtliche Infrastruktur als mager.
Ein wenig ärgerlich, dass ich kurz vor meiner Abreise noch einen Beitrag vorbereitet hatte, den ich in den nächsten Tagen verspätet nachreichen werde. Etwas veraltet ist der jetzt schon, aber neben den Reisevorbereitungen hatte ich einfach keine Zeit mehr zum Hochladen gefunden. Und ich erhebe in meinem Internettagebuch ja auch keinen Anspruch auf Tagesaktualität ;-)
Donnerstag, 24. April 2008
Unterirdisch
Nun, für beide Phänomene habe ich eine Erklärung, und es ist in beiden Fällen dieselbe. Im April habe ich mich wieder zu einer Atemwegskur in die Kluterthöhle in Ennepetal zurückgezogen. Wer mehr darüber wissen will, kann das mit Foto in einem der früheren Einträge nachschlagen - vor zwei, drei Jahren habe ich mich nämlich schon mal zu dieser meiner Fluchtmöglichkeit vor der Allergie geäußert.
Wenn ich jeden Tag knapp vier Stunden in der Höhle sitze, kann ich dort eine Menge Dinge tun. Ich kann arbeiten, wenn auch nur eingeschränkt, weil ich natürlich keine Fläche habe, um eine ganze Batterie von Nachschlagewerken in Stellung zu bringen. Ich kann lesen, aber so toll ist das Licht nicht, und wenn ich was anderes zu tun habe, tue ich das auch. Hörspiele hören geht natürlich immer - aber vor allem kann ich auf dem Pocket-PC kleine Texte tippen, für die ich weder einen richtigen Laptop noch Nachschlagewerke brauche.
Auf gut Deutsch: Die Höhle eignet sich hervorragend, um zwischendrin den einen oder anderen Blogeintrag zu tippen. Also konnte ich davon im April sogar einen kleinen (die Betonung liegt allerdings auf "klein") Vorrat anlegen, obwohl ich sonst kaum Zeit für irgendwas habe. Klar: Bis zum späten Nachmittag bin ich ja unterwegs, und wenn ich wiederkomme, muss ich bis spätnachts noch mein ganz normales Arbeitspensum ableisten - denn der Abgabetermin für meinen Roman ist der 12. Mai, und das muss durchgezogen werden. So entsteht die paradoxe Situation, dass ich eigentlich für nichts Zeit habe, aber das Blog trotzdem ganz gut versorgt wird.
Und weil ich zuhause noch viele andere Dinge hätte, die mich ablenken können, geht es meinem Blog durch den Höhlenaufenthalt vermutlich sogar besser, als hätte ich derzeit "ungestörte" Arbeitsmöglichkeiten. Allerdings: Im Mai bin ich dann wieder an der Nordsee, und wie man weiß, sind das immer Zeiten, wo ich tatsächlich kaum online komme und die Updates hier wirklich stocken dürften.
Montag, 21. April 2008
Feuer und Wasser
Sonntagmorgen gab es hier in der Parallelstraße den größten Brand in der Geschichte unserer örtlichen Feuerwehr, mit insgesamt 300 Einsatzkräften aus Leichlingen und Umgebung. Die Lagerhalle einer Kartonfabrik brannte nieder, die Flammen müssen beeindruckend gewesen sein ... Und ich war nicht da. Nun ja, wenn ich an Rauchbelastung etc. denke, war das vielleicht auch besser so.
Da der Wasserdruck zum Löschen nicht ausreichte, wurde die halbe Innenstadt gesperrt und Schläuche bis zur Wupper gelegt, um das Wasser direkt aus dem Fluss zu pumpen. Als ich am Abend eintraf, sah ich 500 Meter von der Brandstelle entfernt einen Haufen Feuerwehrleute, die ihre Ausrüstung eingepackt haben. Da aber weit und breit kein Einsatzort zu sehen war, dachte ich mir, es wäre eine Übung gewesen. Tatsächlich hat die Feuerwehr an diesem Wochenende 125-jähriges Bestehen gefeiert, wenn auch wohl ein wenig anders als geplant.
Was tatsächlich passiert ist, habe ich dann erst zuhause erfahren. Und gesehen habe ich von dem Brand auch nur das, was jeder andere unter "Leichlingen" und "Brand" im Internet finden kann.
Allerdings war ich gerade rechtzeitig daheim, um die nächste Episode des Dramas mitzuerleben. Am späteren Abend nämlich fuhr ein Lautsprecherwagen herum und warnte davor, das Leitungswasser zu verwenden. Nur noch als "Brauchwasser" sollte es ... nun, eben "gebraucht" werden. Als "Brauchwasser" kenne ich das, was so in Zügen verwendet wird: Man kann sich damit waschen, aber es wird nicht zum Verzehr empfohlen.
Allerdings war es diesmal noch ein wenig schlimmer. Um 2 Uhr nachts kam nämlich noch ein Feuerwehrmann herum, der Handzettel verteilte und jeden wissen ließ, dass man das Wasser eigentlich nur noch für die Toilettenspülung verwenden soll - auch vom Händewaschen oder Duschen wurde abgeraten. Angeblich war durch einen undichten Löschmittelbehälter die Löschschaum-Chemikalie in die Wasserleitungen geraten.
Nun, das machte die Sache ein wenig kompliziert. Vor allem um 2 Uhr nachts. Fürs abendliche Waschen und Zähneputzen ließ sich Wasser um diese Zeit nur schwer auftreiben, und auch am nächsten Tag war es noch etwas lästig, aus den Trinkwasserflaschen vom Supermarkt zu leben.
Heute Abend gab es dann jedenfalls Entwarnung - ob jemals wirklich eine nennenswerte Menge im Trinkwasser war, oder der Alarm nur vorsorglich so angesetzt wurde, weiß ich bis jetzt nicht. Zu sehen oder zu riechen war am Wasser jedenfalls nie etwas gewesen ... Und ich hoffe jetzt mal, dass, was immer da war, jetzt nicht in den Filtern der Hauswasseranlage hängt und uns irgendwann später serviert wird.
Mittwoch, 16. April 2008
Das Urheberrecht als Ausdruck eines gesellschaftlichen Autismus
Vor einiger Zeit lief eine interessante Dokumentation im Fernsehen, wo eine Betroffene folgenden bemerkenswerten Satz prägte: Es waren nicht die geselligen Typen am Lagerfeuer, die die erste Speerspitze erfunden haben, sondern der Autist, der einsam abseits saß.
Ein guter Satz, den ich sogleich sehr sympathisch fand. Allerdings hatte diese Autistin ihre Erkenntnis nicht ganz zu Ende durchdacht. Denn was geschah mit der Speerspitze, nachdem der Autist sie erfunden hatte? Hat der Autist damit Jagd gemacht und wurde satt, reich und angesehen?
Nein, natürlich nicht. Denn zur Jagd braucht man selbst mit der besten Speerspitze noch ein paar handfeste Kumpels, und das waren eben schon damals in der Steinzeit die geselligen Typen am Lagerfeuer, die lieber die Speerspitze mitgenommen haben als den Autisten. Und so haben schließlich die »Normalos« die Erfindung des bedauernswerten Autisten benutzt. Natürlich ohne Lizenzgebühren zu bezahlen, weshalb der autistische Erfinder letztendlich in Armut verstarb.
So war es in der Steinzeit, und so blieb es lange danach.
Manch einer mag jetzt den Kopf schütteln und sagen: „Na und? Die paar Autisten können ja keine so große Rolle in der Menschheitsgeschichte gespielt haben.“ Nun, der Betreffende hat womöglich zu viel „Rainman“ geschaut und ein etwas eingeschränktes Bild vom breiten Spektrum „autistischer Störungen“. Denn dieses Problem betrifft nicht nur eine schwerbehinderte Minderheit, sondern zieht sich graduell in unterschiedlichen Ausprägungen durch die gesamte Gesellschaft, sprich: Es gibt viel mehr „Autisten“, als mancher glaubt.
Neben den Menschen, die gemeinhin als Autisten bezeichnet werden und unter einer ebenso schweren wie unübersehbaren Störung leiden, gibt es einen größeren Personenkreis, der in leichterer Form an Teilaspekten dieser „Störung“ leidet. Erst die moderne Neurologie mit ihrer Möglichkeit, Gehirnaktivitäten zu messen, konnte feststellen, dass die damit verbundenen Verhaltensweisen tatsächlich auf „autistische“ Verarbeitungsmuster im Gehirn zurückzuführen sind. Der Sachverhalt an sich war allerdings schon lange bekannt: Früher bezeichnete man es bloß nicht als „autistische Störung“, sondern hatte andere Bezeichnungen für so was - „Spleen“, „sonderbar“, im angelsächsischen Raum „Geek Syndrome“ ... oder hier in Deutschland auch den „zerstreuten Professor“.
Und damit wären wir wieder bei den Autisten, die die Speerspitzen erfinden. Auch heute noch. Denn diese autistischen Störungen im Mittelfeld - noch nicht wirklich behindernd, aber auch nicht normal - führen dazu, dass sonst mit sozialen Belangen beschäftigte Hirnregionen zusätzliche Kapazitäten für andere Dinge zur Verfügung stellen; und zwar wirklich für „Dinge“, denn die Betroffenen beschäftigen sich naturgemäß lieber mit Sachen oder theoretischen Themen als mit Menschen, weil sie damit eben besser zurechtkommen.
Und so stellen nicht etwa die wenigen „schweren“ Autisten, sondern vielmehr ein breites Heer „leichter“ Autisten regelmäßig die Personen, die in der Wissenschaft versinken und neue Entdeckungen machen, die tüfteln und werkeln und basteln und dabei großartige ... Dinge erschaffen, während die Masse der Normalos auch heute noch am Lagerfeuer sitzt und über Beziehungen, Statussymbole oder sonstigen undurchschaubaren Krams plaudert.
Das schien lange gut zu funktionieren: Diese „Autisten“ schaffen „Werke“, während die Normalos „Netzwerke“ erschaffen, in denen sie dann die von den Autisten geschaffenen Dinge ausnutzen. Aber natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die erfinderischen Autisten auch dafür das geeignete Werkzeug fanden. Und diese neue Speerspitze der erfinderischen Autisten ist das Urheberrecht - eine Waffe, um gezielt ihr (geistiges) Eigentum zu schützen!
Nur leider ging es mit dieser Erfindung wie mit allem, was die Autisten bisher geschaffen haben: Die geselligen Normalos am Lagerfeuer drehten sich um, sagten: „Oh, das ist aber ein nützliches Ding.“ Rasch bildeten sie „Verwerter“-Netzwerke, die die Urheberrechts-Speerspitze viel besser einsetzen konnten als der autistische „Urheber“, und sorgten dafür, dass der Ertrag wiederum bei ihnen landete.
Na ja, immerhin zahlen sie dafür wenigstens Lizenzgebühren, was ein deutlicher Fortschritt gegenüber den letzten Jahrtausenden ist.
Und, psst, nicht weitersagen: Diese neue Speerspitze der Autisten war vergiftet. Denn so dumm sind die ewigen Erfinder der Menschheit auch nicht: Ein rein gedankliches Konstrukt wie das Urheberrecht kann nur dann funktionieren, wenn die Gesellschaft selbst immer autistischer funktioniert, sprich: geregelter, dinglicher, funktionaler. Wenn es also "normal" wird, etwas als "Sache" anzusehen, was eigentlich gar keine Sache ist. Und so schaffen die Autisten es vielleicht wieder nicht, endlich mal den Löwenanteil an ihrer Entdeckung abzukriegen - aber zumindest sitzen sie nun am Lagerfeuer, und nicht mehr am Rand.
Sonntag, 13. April 2008
Länger und dicker ist besser
Wenn ich in mein Blog schaue, bin ich ein wenig entsetzt von den Lücken, die sich immer wieder mal unvermutet auftun und den Leser womöglich straucheln lassen. Ehe ich mich's versehe, ist wieder eine Woche vorbei, oder mehr, und der fest vorgenommene Blogeintrag überfällig.
Das liegt natürlich an der Zeit: Wenn ich viel anderes um die Ohren habe, leidet das Blog. Und in letzter Zeit habe ich oft viel zu tun. Aber vermutlich wäre hier trotzdem mehr von mir zu lesen, wenn ich mich kürzer fassen könnte. Aber kürzer fassen ist meine Sache nicht, und weil ich deshalb auch meine Blogbeiträge nicht mal eben in fünf Minuten nebenbei verfassen kann, dauert es oft länger.
Kurz fassen ist auch sonst nicht mein Ding, und so habe ich auch bei meinem aktuellen Roman irgendwann die Notbremse ziehen müssen, als er das avisierte Seitenmaß zu überschreiten drohte. Grummelnd zog ich also die Zügel an, überlegte mir, wo ich kürzen kann ... Und erwähnte das zufällig bei einem Gespräch mit dem Lektor. Zu meiner Überraschung bekam ich zu hören: "Der Roman kann ruhig was länger werden. Dicker ist sogar noch besser!"
Ja holla! So was hört man gern. Nur leider viel zu selten. Das letzte Mal, dass eine Lektorin mir ein vergleichbares Angebot machte, war bei der Übersetzung eines historischen Romans. Da gab es ein paar Probleme mit historischen Ungenauigkeiten im Original, und die Lektorin meinte daraufhin, ich dürfte ruhig alles anmerken, was mir an Fehlern auffällt, und was man nicht stillschweigend in der Übersetzung berichtigen kann, würde sie dann mit der Autorin klären.
Ich seufzte glücklich und drückte mir eine Freudenträne aus dem Auge, denn so eine Gelegenheit hatte sich mir schon seit meinem Geschichtsstudium nicht mehr geboten. Das Ergebnis waren etwa 90 Fußnoten in der Übersetzung, und das Fazit der Lektorin: "Das war ja doch ziemlich viel."
Das Problem bei solchen Freibriefen ist, dass sie meist nur im Übermut gewährt und selten wiederholt werden.
Auch bei meinem Roman war irgendwann die Grenze erreicht, bei der es hieß, ich solle jetzt die Seitenzahl doch lieber "halten". Noch dicker war anscheinend nicht noch besser. Na, schade, aber alles Gute muss mal ein Ende haben. Ich sehe also zu, dass ich auch nach dem Überarbeiten mit den gegenwärtigen ca. 650 Seiten auskomme. Genau genommen ist das gar nicht mehr so schwer, weil das jetzt so ziemlich genau die Länge ist, die das Buch auch haben will.
Und mein Blog bleibt dann eben der letzte Bereich, wo ich ohne Mengenbeschränkung schreiben darf.
Mittwoch, 2. April 2008
Löffelei mit dem Löffel-Ei
Ein wenig spät, um jetzt noch mit einem Oster-Thema zu kommen. Aber das Blog hinkt eh etwas zurück, und so gibt es wenigstens ein Happy End zu der Geschichte. Doch dazu später mehr ...
Jedenfalls will ich heute von den Löffel-Eiern erzählen, die Milka seit einigen Jahren regelmäßig zu Ostern anbietet. Wer sie nicht kennt: Das sind Schoko-Eier, die mit einer Milchcreme gefüllt sind. Sie werden mit einem kleinen Plastiklöffel ausgeliefert, mit denen sich die Creme wie ein richtiges Ei auslöffeln lässt. Albern. Aber die Dinger sind saulecker! Seit ich sie entdeckt habe, gehören sie zu jedem Osterfest dazu.
Am Anfang war die Welt somit in Ordnung. In jeder Packung mit vier Löffeleiern gab es zwei Sorten: Zwei Eier waren mit weißer Milchcreme gefüllt, die beiden anderen mit Schokocreme. Doch vor zwei Jahren begann der schleichende Niedergang des Produkts. Die Schokocreme fehlte.
Als wir die erste Packung mit vier weiß gefüllten Eiern bekamen, glaubten wir noch an ein Versehen, einen Fehler bei der Befüllung. Doch die Schokocreme blieb verschwunden. Ein empfindlicher Verlust an Vielfalt beim Löffeln. Und dann, im letzten Jahr, der nächste Schock: Es gab ein hohles Ei in der Packung, eines ganz ohne Füllung, weder Milch- noch Schokocreme. Das war dann nicht nur ein Verlust an Vielfalt beim Löffeln, sondern zu löffeln gab's da gar nix mehr!
Da glaubte ich noch an ein Versehen, einen Fehler bei der Befüllung, jedoch ... das konnte ich nicht mehr überprüfen. Denn das hohle Ei war in der letzten Packung des letzten Jahres, und in diesem Jahr setzte sich der Schwund bei dem Produkt so weit fort, dass es ganz verschwand. In ganz Leichlingen habe ich diese Ostern kein Löffelei gefunden.
Wenigstens ein sanfter Abschied, könnte man sagen ... Trotzdem war ich so sauer, dass ich in diesem Jahr gar keine Ostersachen gekauft habe. So was halte ich immer für ein probates Mittel, um den Handel darauf hinzuweisen, dass er nicht das anbietet, was ich haben will.
Doch nun zum Happy End: Wir hatten uns also damit abgefunden, dass es keine Löffeleier mehr gibt. Und dass ich nie wieder Ostersüßigkeiten kaufen kann (Okay, ja - ich weiß: Ich bin etwas radikal in diesen Dingen). Aber zwei Tage nach Ostern kam eine Werbemail von einem Süßwarenversand. Und darin angeboten wurden - Löffeleier zum halben Preis; Restbestände von Ostern.
Anscheinend also gab es sehr wohl noch Löffeleier. Nur eben nicht bei den üblichen Läden in meinem Heimatort. Und es wundert mich ehrlich gesagt auch nicht, dass sie Restbestände zum halben Preis verkaufen müssen, wenn die Firma zu Ostern "schwer zu kriegen" spielt.
Und das war dann das Happy End der Geschichte: eine fette, nachträgliche Osterbestellung beim Versandhandel, die heute angekommen ist. Hmmm ...
Dienstag, 26. Februar 2008
Ein Bild von einem Autor
Wenn man irgendwo auf einem Con, bei einer Lesung oder bei anderer Gelegenheit einer Schriftstellerschar begegnet, dann ist es so, als würde man einen Schwarm Kolkraben aufscheuchen. Unwillkürlich fragt man sich dann, ob es wohl eine Uniformpflicht für Autoren gibt. Und in der Tat: "Autoren tragen Anthrazit." So stand es in einer Zeitungsüberschrift nach der Endrunde eines Literaturwettbewerbs, bei dem ich 1993 lesen durfte. Und diese Regel gilt anscheinend bis heute.
Autoren tragen also schwarz. Warum das so ist, darüber mögen Soziologen rätseln. Ob es daran liegt, dass der "schwarze Rolli" intellektuell wirkt, oder dass die düstere Kluft dem Schreiber eine Aura des Geheimnisvollen verleiht? Oder vielleicht auch nur, weil sie den Träger schlanker wirken lässt. Wer weiß?
Das Paradoxe daran ist nur: Ich bin vergleichsweise schlank. Ich schreibe düstere Geschichten und kriege trotz eifrigen Strebens nach Unterhaltung den intellektuellen Twist doch nicht ganz raus aus meinen Geschichten. Trotzdem bin ich inzwischen so ziemlich der einzige Autor, der vorzugsweise helle Kleidung trägt. Das war nicht immer so, ich gebe es zu: Bei meinem ersten öffentlichen Auftritt zählte ich auch noch zum Schwarzen Block. Inzwischen allerdings achte ich auf Kontraste, wenn ich mit anderen Kollegen zusammentreffe, weil es mir irgendwie peinlich ist, wie ein Klon auszusehen. Was ja auch leicht zu falschen Assoziationen in Bezug auf das Werk führen kann ...
Oder - wer weiß? Vielleicht bin ich auch nur der einzige Autor, der es sich erlauben kann, seinen Bauch hinter einem weißen Hemd zu verstecken? ;-)
Jedenfalls fand dieses absurde Theater jüngst eine Fortsetzung, als ich Fotos für einen Verlagskatalog bereitstellen sollte. Ich blätterte also in einem solchen Katalog und stellte fest: Die meisten Schreiber, zumindest die männlichen Vertreter meiner Zunft, bemühen sich um eine gewisse Würde. Wenn ich also ein ernstes Foto neben meinem Buchtitel stehen habe - wird jeder Leser gleich weiterblättern, weil er solche Bilder überall findet.
Zum Glück habe ich lang genug für Zeitschriften gearbeitet und weiß daher, dass so ein grafisches Element nur dann etwas bringt, wenn das Auge des Betrachters auch darauf hängen bleibt. Das Bild soll den blätternden Käufer ansprechen und einladen, bei meinem Buchtitel zu verweilen - es sollte also aus dem Einerlei hervorstechen, wie das Autorengespenst unter den Schreibfledermäusen.
Gesagt, getan. Viele, viele Aufnahmen später konnte ich endlich ein paar Portraits abschicken, auf denen ich den Betrachter offen anlächle oder zumindest zum Gespräch einlade. Und meine Freundin ist begeistert, weil wir endlich ein paar Fotos von mir haben, auf denen ich freundlich dreinblicke. Eine Aufgabe, an der vorher 30 Jahre lang jeder Fotograf gescheitert ist. Denn etwas anderes als ein ernst und distanziert wirkendes Bild von mir zu kriegen, das hat bislang noch keiner geschafft. Aber was tut man nicht alles für die richtige Präsentation?
Am Ende fragt man sich allerdings schon: Ist das etwa das Wesen des Marketings? Dass nun jeder Partylöwe und gesellige Typ, wenn er denn als Schriftsteller posieren muss, sich mit einiger Verkrampfung Schwere und Ernsthaftigkeit abringt, während ich wiederum mich mit ebensolcher Mühe zur Lichtgestalt erhebe, nur um mich noch ein wenig abzuheben in einer Welt, wo jeder so auftritt, wie ich natürlicherweise bin?
Aber, nein. Solche Gedanken führen in die Paranoia. Außerdem habe ich ja, verglichen mit all den anderen Autoren, noch den besseren Part erwischt. Denn wie man weiß, wirken Haltung und Kleidung auch aufs Gemüt. Das Lächeln macht mich also zu einem fröhlicheren Menschen, während die Behandlungskosten für Depressionen bei all den schwarz gewandeten Kollegen hängen bleiben.
Womit die Werbung dann die Wirklichkeit vielleicht nicht abbildet, aber langfristig gesehen zumindest formt. Ist so? Ist so! Als ich bei letzter Gelegenheit in lichtem Beige auf düsteres Einerlei um mich her blickte, hoben sich unwillkürlich meine Mundwinkel, und ganz von selbst fanden Sein und Anschein zueinander. Wer zufällig Phantastikautor ist und es nicht glaubt, mag es gerne mal in der nächsten geselligen Runde ausprobieren.
Mittwoch, 13. Februar 2008
Nemesis
Am Freitag war meine Schwester zu Besuch. Sie hatte ein Vorstellungsgespräch in Düsseldorf, und dorthin gelangt man am besten mit der S-Bahn ab Leverkusen-Rheindorf. Und eben zu diesem Bahnhof brachte ich sie dann am Morgen.
Den Weg kenne ich gut. Von 2001 bis 2003 habe ich für den Sybex-Verlag gearbeitet und bin die Strecke daher regelmäßig gefahren. Auch meine schlechten Erinnerungen an den Rheindorfer Bahnhof resultieren aus dieser Zeit. Von banger Erwartung erfüllt, stieg ich also mit meiner Schwester die Treppe zum Bahnsteig empor - und tatsächlich, da war sie auch schon: meine alte Nemesis. Der gefürchtete ... Fahrkartenautomat!
Fairerweise muss ich sagen, dass es nicht wirklich meine alte Nemesis war, sondern ein neuer Automat, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Neu, aber nicht besser - denn so, wie der alte Automat vor Jahren schon in zwei Dritteln aller Fälle defekt war, so versagte auch der neue mir seine Dienste. Mit meinem Ärger hatte er wohl schon gerechnet, und sich einen Techniker als Verstärkung geholt. Der begrüßte mich, als ich auf den Automaten zuging, mit den Worten: "Tut mir Leid, Display ist defekt. Sie müssen sehen, ob Sie damit zurechtkommen, oder ..."
Mit einem vielsagenden Achselzucken ging der Techniker davon und ließ mich mit dem Ungetüm allein. Ich schaute das Ding an, und fand das Display schwarz. Meine Schwester, die bessere Augen hat, erkannte allerdings verschwommene Umrisse und ansatzweise lesbare Schrift. Damit versuchten wird dann mehrere Minuten lang, doch zu einer Fahrkarte zu gelangen. Das hätte vielleicht funktioniert, wenn es gereicht hätte, nur ein Feld mit der Aufschrift "Düsseldorf Hbf" zu drücken. Tatsächlich aber führte jeder unsichere Tastendruck nur zu einem weiteren Untermenü mit weiteren Fragen - Alter, Größe, Augenfarbe, all das wollte der Automat erst mal wissen, um eine Fahrkarte drucken zu können. Nun ja, genau genommen konnte man nur erraten, was genau das Ding denn alles fragte.
Zuletzt gaben wir auf und fuhren eine Haltestelle weiter nach Langenfeld. Wo wir dann einen funktionierenden Automaten und eine S-Bahn in letzter Sekunde erwischten.
Festzuhalten bleibt, dass die Bahn in den letzten fünf Jahren zwar den Automaten ausgetauscht hat, aber trotzdem keine funktionierende Kartenausgabe in Rheindorf installieren konnte. Dabei ist das Ärgernis schon uralt: Bereits vor fünf Jahren tat der Automat in den allermeisten Fällen gar nichts - und einmal schluckte er zwar mein Geld, gab aber keine Karte aus. Was doppelt ärgerlich war. Aber Probleme bekommt man ohnehin, weil man ja auch im Zug nicht mehr nachlösen kann - und mehr als die Hälfte aller Fahrten aus technischen Gründen ohne Fahrausweis antreten zu müssen, ist Stress pur. Zwar musste ich letztlich nie ein erhöhtes Entgelt bezahlen, aber teilweise minutenlanger Streit und Diskussionen mit dem Schaffner sind auch eine Zumutung für den zahlungswilligen Kunden.
Im letzten halben Jahr hat meine Schwester übrigens in Belgien gearbeitet. Und schwärmte vom dortigen Nahverkehr, wo man ganz stressfrei seine Tickets beim Schaffner im Zug löst, und das auch noch zu für deutsche Verhältnisse ungekannt günstigen Preisen. Ja, ich muss sagen: Diese Berichte haben auch nicht dazu beigetragen, meine Stimmung zu heben. Und man fragt sich doch: Warum geht das hier nicht? So schwer kann das gar nicht sein. Und seine Kunden zu verärgern und ihnen jeden Kauf möglichst schwer zu machen, ist weder betriebswirtschaftlich nötig noch besonders sinnvoll.
Aber anscheinend ist das die Art, wie sich ein ehemaliger Staatsbetrieb privatwirtschaftliches Arbeit vorstellt.
Freitag, 8. Februar 2008
Zum UNICEF-Skandal ...
... stand gestern folgende Schlagzeile in meiner Tageszeitung: "5000 Spender kehren Unicef den Rücken"
Ich kann dazu nur sagen: Na endlich! Eigentlich hatte ich erwartet, dass die Deutschen und zumal organisierte Spender so abgestumpft gegenüber Klüngel und Selbstbedienungsmentalität sind, dass sie inzwischen gar nichts mehr merken. Vermutlich dachte das auch der Unicef-Vorstand. Aber zum Glück haben die Großspender gezeigt, dass die Organisation das Geld anderer Leute nicht abonniert hat. Zum Glück. Ich würde dem "Verein" nach den jüngsten Vorfällen auch kein Geld mehr geben.
Wer es nicht mitbekommen hat: Nach einem internen Streit wurde jüngst die frühere Unicef-Vorsitzende Heide Simonis zum Rücktritt gedrängt. Sie hatte zuvor Unregelmäßigkeiten der Geschäftsführung moniert, namentlich undurchsichtige Beraterverträge und eine sorglose Verwendung von Spendengeldern. Anstatt nun aus diesen Vorwürfen Konsequenzen zu ziehen und die Geschäftsführung zu disziplinieren, wurde stattdessen die Kritikerin aus dem Amt gedrängt. Ein untragbarer Vorgang für eine Organisation, die vom Geld anderer Leute lebt und nicht mal den Eindruck aufkommen lassen darf, dass sie Spendengelder verschwendet.
Als Grundlage für die Sturheit der Unicef-Leitung diente der Bericht des Wirtschaftsprüfers KPMG, der die Geschäftsführung angeblich entlastet hätte. Das ist eine pikante Auslegung angesichts eines Berichts, der "Verstöße gegen Unterschriftenregeln, Vier-Augen-Prinzip und Schriftform von Verträgen" konstatiert. Klare Unregelmäßigkeiten hat der Bericht also schon aufgedeckt - es wurde nur festgestellt, dass sich dabei keine Rechtswidrigkeiten oder böse Absichten nachweisen lassen. Also, wenn ich jemals einen Freispruch zweiter Klasse gesehen habe, dann war es das Urteil der Wirtschaftsprüfer über die Arbeit bei Unicef.
Aber: Das reicht nicht. Nicht für eine Organisation wie Unicef. Wenn man einer humanitären Organisation etwas spendet, dann will man zumindest die absolute Gewissheit, dass mit Geld verantwortungsvoll umgegangen wird - der Nachweis schlampiger Arbeit bei nur möglicherweise besten Absichten reicht nicht aus!
Dass eine Vorsitzende, die solche Zustände kritisiert hat, aus dem Amt gedrängt wurde, macht die Sache nur noch schlimmer, denn es bescheinigt den Verursachern dieser Mängel auch noch Abgehobenheit, Unbelehrbarkeit und fehlende Selbstkritik. Dabei ist es egal, was man dieser Vorsitzenden im Nachhinein noch unterstellen mag - nach so einem Skandal möchte ich für meinen Teil Fakten sehen, und keine Ausreden und Begründungen hören. Meiner Meinung nach kann nur ein Rücktritt der Geschäftsführung noch einen sauberen Neuanfang garantieren. Und danach kann man sich daran begeben, verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen. Bis dahin jedenfalls ist es sinnvoll, kein weiteres Geld mehr zu spenden - sei es schon, um ein Zeichen zu setzen und keine schlechten Beispiele durchgehen zu lassen.
Jeder Tag, den die alte Geschäftsführung noch im Amt bleibt, beschert Unicef nur weitere negative Schlagzeilen. Eine Führung, die um diesen Preis an ihren Sesseln klebt, verhält sich rufschädigend und verliert damit umso mehr die Berechtigung, ihr Amt auszuüben. Wer also der alten Vorsitzenden Frau Simonis diesen Vorwurf macht - wie es derzeit im Umfeld der Geschäftsführung geschieht - sollte daraus auch die Konsequenzen ziehen und feststellen, dass man sich damit auch selbst sein Urteil gesprochen hat.
Mittwoch, 16. Januar 2008
Buddha und die Weihnachtsbäume
Als ich letztens mit meiner Freundin beim Abendessen saß, kamen wir irgendwie auf die Chinesen und die Weihnachtsbäume zu sprechen. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch daran: Als bekannt wurde, dass in diesem Jahr die Weihnachtsbäume teurer werden, geisterte als Grund dafür die Meldung durch die Presse, dass Weihnachtsbäume auch in China populärer wurden.
Meine Freundin merkte dazu jedenfalls an: "Ich weiß nicht, was die Chinesen mit Weihnachtsbäumen wollen. Ich komme ja auch nicht auf die Idee, mir einen Buddha in den Garten zu stellen."
"Ähm", merkte ich zaghaft an. "Hast du in letzter Zeit mal in den Flur geschaut?"
"Das ist etwas anderes", erklärte meine Freundin empört. "Der muss auf die Geldkröte achten."
Puh. Glück gehabt. Das Abendland ist gerettet. Und für einen Augenblick hatte ich schon befürchtet, wir hätten eine unbillige Kulturvermischung in unserem Hause - ungefähr so, wie die Chinesen mit den Weihnachtsbäumen.
Dienstag, 8. Januar 2008
Nicht mal 48 Stunden ...
... sind seit meinem letzten Beitrag vergangen, und dann war die beschriebene Baustelle auch schon verschwunden. Genau genommen hat es nicht mal 24 Stunden gedauert. So schnell veraltet ein Blog.
Nachdem der Bautrupp ein weiteres Mal angerückt ist, wieder mit zwei Lkw und schwerem Gerät, gibt's bei uns in der Straße nun kein Musterhaus "Maulwurfvilla mit eingezäuntem Vorgarten" mehr zu besichtigen. Das Beweisfoto, das ich davon geschossen habe, ist buchstäblich in letzter Sekunde entstanden.
Montag, 7. Januar 2008
Das Muster-Maulwurfshaus
Vor ungefähr einem Monat rückten die Bauarbeiter in unserer Straße an. Sie hatten etwas an den Elektroleitungen zu erledigen, womit sie dann auch gegen drei Uhr nachmittags fertig waren. Zeit genug also, um das Loch wieder zuzuschütten, dass sie dazu ausgehoben hatten - zumal Grube und Erdaushub nicht gerade gewaltige Dimensionen aufwiesen. Statt der Schaufeln holten sie allerdings Warnbaken vom Lkw, umfriedeten damit die Baustelle und fuhren davon.
Der nächste Nachbar bekam noch die letzte Unterhaltung der Bauarbeiter mit: Einer von ihnen schlug zwar noch vor, das Loch gleich wieder zuzumachen. Der andere wies aber darauf hin, dass er gestern schon so lange gearbeitet hätte und heute deswegen früh Schluss machen wolle. Also war um drei Uhr Feierabend.
Ungefähr eine Woche lang tat sich nichts. Der Bürgersteig war weiterhin blockiert, aber die Absperrungen verhinderten, dass die Grube dort irgendwelche Opfer forderte.
Doch plötzlich, in der Woche vor Weihnachten, waren die Bauarbeiter überraschend wieder da. Leider hatte es in der Zwischenzeit Frost gegeben, was in dieser Jahreszeit nicht so ungewöhnlich ist. Der Erdhaufen neben dem Loch war also steinhart gefroren.
Nun stellte sich allerdings heraus, dass die Bauarbeiter keineswegs so blöd waren, wie der erste Anschein vermuten ließ. Sie hatten den Frost durchaus einkalkuliert - und eigene Erde auf dem Lkw mitgebracht. Die schippten sie in das Loch ... und fuhren weiter.
Was blieb, war die Absperrung, die nun nur noch einen gefrorenen Erdhaufen schützte. Über Weihnachten. Über Sylvester. Und dann, letzte Woche, rückte der Bautrupp wieder an. Mit zwei großen Lkw, einer davon mit Bagger auf der Ladefläche, parkten sie neben der Baustelle. Als die Arbeiter nach einer halben Stunde immer noch plaudernd der Absperrung standen, fragte meine Freundin mich, was daraus wohl werden sollte.
"Vermutlich wollen sie ihren Kollegen nur diese Baustelle zeigen", schlug ich vor.
"Ja: 'Schaut euch diese mustergültige Baustelle an, die schon seit drei Wochen den Bürgersteig blockiert. So müsst ihr das auch in Zukunft machen'", witzelte meine Freundin.
Kurze Zeit später waren die Lkw weg, aber die Baustelle samt Erdhaufen noch da. Die Realität hatte die Witzeleien eingeholt, und der Besuch des Bautrupps hatte sich tatsächlich nur als Besichtigungstour entpuppt.
Was soll daraus jetzt werden? Bleibt das Ding als Leichlinger Musterbaustelle stehen? Das würde durchaus passen, zeigen die Baustellen hier im Ort doch regelmäßig ein besonderes Beharrungsvermögen, und irgendwo müssen auswärtige Bautrupps ja lernen, wie man hier in Leichlingen mit Baustellen umzugehen pflegt.
Allerdings, wenn diese Baustelle erhalten bleiben soll, muss wohl bald renoviert werden. Der Hügel neben dem ehemaligen Loch ist jedenfalls schon ein Stück kleiner geworden. Aber vielleicht ist es ja gerade das, was schon zu einem Bauwagentourismus führt: die Demonstration, wie unerledigte Arbeit sich ganz von selbst tut. Noch ein paar Monate, und die Leichlinger Heinzelmännchen haben die Erde vermutlich ganz von selbst abgetragen. Und die Absperrung schützt nur noch den Bürgersteig vor Benutzung.