Donnerstag, 29. September 2005

Alltag statt großer Worte

Im Oktober steht mal wieder die Buchmesse an. Auch, wenn ich mich dort wieder sehen lassen wollte - im Grunde betrifft mich dieser Termin nur am Rande; ganz im Gegensatz zu den vielen Verlagsmitarbeitern, die stressige Vorarbeiten zu leisten haben.

  Was mich allerdings betrifft, sind die Abgabetermine: Einen Roman und ein Übersetzung haben meine Freundin und ich rings um die Buchmesse abzugeben (das eine kurz vorher, das andere in der Woche danach). Im Augenblick sind wir eifrig dabei, die Texte zu überarbeiten und letzte Hand anzulegen.

  Die letzten Septembertage und auch noch fast der ganze Oktober sind für mich also eine sehr stressige Zeit. Das erklärt auch, warum meine wortreichen Ausführungen hier im Blog ein wenig auf sich warten lassen. Da kommt diese Woche vielleicht noch eine Glosse aus dem Archiv zum Einsatz, wenn ich nichts Neues schreiben kann. Aber Content kommt, keine Sorge.

Im Augenblick merke ich selbst kaum, wie die Zeit vergeht. Schwupp - ist schon wieder Abend und ein Tag vorbei. Zumindest für mich ist die Zeit bis zur Buchmesse nur noch ein Hinterherlaufen hinter Terminen. Meine Freundin, die ja dieselben Termine hat, sieht das womöglich entspannter. Frauen haben ja bekannterweise ein besseres Zeitmanagement.

  Hm, vielleicht sollte ich um einen Gastbeitrag bitten? Arbeit delegieren ist ja immer ein probates Mittel, zum sich Entlastung zu verschaffen ... Ich werde mal sehen, was sich tun lässt ;-) Ich melde mich die Tage mit den Ergebnissen wieder ...

Freitag, 23. September 2005

Der Nenner zählt nicht!

Was tut man, wenn man vom PISA-Schock voll erwischt wurde und aus dem Mathe-Unterricht nur noch Sechsen heimbringt? Nur nicht aufregen: Das reicht immer noch für einen gut bezahlten Job als Rezensent im Kulturteil der Tageszeitung! Vor allem die Filmkritiken erweisen sich immer wieder mal als Ghetto der Journalisten, die mit Zahlen und Fakten nicht viel am Hut haben und den ganzen Tag lieber vorm Fernseher vergammeln ...


Doch der Reihe nach: Sicher hat jeder schon mal vom berühmten »kleinsten gemeinsamen Nenner« gelesen. Dieser Ausdruck wird gerne verwendet, um das Fehlen von Substanz zu beschreiben. Ein Film beispielsweise, der dem kleinsten gemeinsamen Nenner des Publikums folgt, ist so dämlich und anspruchslos, dass ihm selbst der dümmstmögliche Zuschauer noch mühelos folgen kann. Wer einen solchen Film dreht, der hofft auf viele Zuschauer, weil er zwar vielleicht nicht viel bietet – aber auch niemanden abschreckt!
  Jeder weiß also, was gemeint ist, wenn vom kleinsten gemeinsamen Nenner die Rede ist.
  Was aber, wenn ein Rezensent die gelernten Begriffe nicht einfach verwendet, sondern allzu viel darüber nachdenkt? Dann taucht ganz leicht ein allseits bekanntes Phänomen auf: Wer selbst nicht zu den geistigen Überfliegern zählt und im täglichen Leben wenig versteht, der neigt – wenn die nötige Selbsterkenntnis fehlt – leicht zu dem Vorurteil, dass er nur deshalb nichts versteht, weil die anderen sich alle falsch ausdrücken.


So erging es wohl auch einem Kulturteil-Rezensenten meiner Tageszeitung, der offenbar letztens mal alles hinterfragen und besser machen wollte. »Warum«, so fragte sich dieser Rezensent, »spricht man eigentlich vom kleinsten gemeinsamen Nenner des Publikums? Es geht doch darum, dass diese Filme ein möglichst großes Publikum erreichen wollen, und groß ist ja nicht klein!«
  Also schrieb er flugs in seine Rezension: »... dass Peter Segal ... auf dem größten gemeinsamen Publikumsnenner zugearbeitet hat.« Das könnte sogar ein lustiges Spiel mit Worten sein, wenn der Rezensent das Gegenteil vom »kleinsten gemeinsamen Nenner« meinen würde und aussagen wollte, dass dieser Peter Segal eher ein anspruchsvolles Publikum bedient. Will er aber nicht, wie man dem Rest der Rezension entnehmen kann. Er wollte einfach nur schlauer sein als alle anderen und die übrige Welt belehren, dass ein großes Publikum auch einen großen Nenner benötigt.


Nun, ich habe diesen Hilferuf eines blind im Sprachnebel umhertappenden Schreiberlings gehört. Und versuche mal, die mathematischen Lücken im Kulturteil zu stopfen. Also: Was ist ein Nenner?
  Wer nicht allzu oft Mathe geschwänzt hat (beispielsweise, um die morgendlichen Wiederholungen kulturell hochwertiger Filmklassiker nicht zu versäumen), der sollte den Begriff noch aus der Schule kennen: Bei einer Bruchzahl hat man oben den »Zähler« und unten den »Nenner«. Wird der »Zähler« eines Bruches groß, so ist auch die Zahl groß. Der »Nenner« ist aber der Betrag, durch den die Bruchzahl geteilt wird. Und wenn man an viele verteilt, bleibt wenig übrig. Also: Ein großer Nenner ergibt eine kleine Zahl. Ein großes Publikum will einen kleinen Nenner ...


Aber das ist zugegeben auch nur die halbe Wahrheit: Das Defizit des Rezensenten ist in Wahrheit doch ein sprachliches, kein mathematisches. Denn mathematisch betrachtet ist es natürlich egal, ob man den größten oder den kleinsten gemeinsamen Nenner wählt: Der Bruch bleibt gleich, weil der Zähler sich in gleichem Maße ändert. Aufs Bild übertragen hieße das: In dem einen Fall enthält der Film nur das, was keinen Zuschauer verschreckt; im zweiten Fall enthält er für jeden Zuschauer etwas.
    So funktioniert die Mathematik. Aber nicht die Sprache. Sprache formt Bilder, und sie nimmt nur einzelne Elemente aus anderen Lebensbereichen und versucht damit, abstrakte Zusammenhänge anschaulich zu machen. Das Bild mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner baut gerade darauf auf, dass so mancher aus der Schule noch eine Vorstellung von der Bedeutung eines Nenners hat. Und dass, wenn man vom kleinsten gemeinsamen Nenner spricht, die Assoziation da ist: Der Zähler zählt die Quantität, der Nenner ordnet nach Qualität. Und wenn die Qualität groß ist, wird das Publikum klein.
  Ob diese Vorstellung immer so mit der Wirklichkeit konform geht, sei dahingestellt. Es ist eben ein Klischee. Aber mit dem »größten gemeinsamen Publikumsnenner« wird schlichtweg das Bild krumm. Der Inhalt wird nicht intelligenter, nur die Assoziationen der Worte stimmen nicht mehr. Und damit kommen wir dann auch zum allgemeinen Fazit des heutigen Blog-Eintrags (denn das hier ist ja immer noch ein »Writers-Blog«, um mal wieder daran zu erinnern):


Sprache ist in erster Linie Konvention. Das bedeutet im Zweifel auch: Nicht denken – nachschlagen! Wenn man souverän und professionell mit Sprache umgehen will, sollte man diese Regel zuallererst verinnerlichen. Wer zu schlau sein möchte und zu viel über die Bedeutung von Worten nachdenkt, dabei aber die Konventionen der Sprache außer Acht lässt, der generiert damit regelmäßig schräge Formulierungen, die bestenfalls falsch wirken – und schlimmstenfalls peinliche Stilblüten sind.
  Vor allem, wenn's dann auch noch mit Mathe hapert ;-)

Mittwoch, 21. September 2005

Von Bush lernen heißt siegen lernen!

Letztens konnte ich im Fernsehen eine Dokumentation zum so genannten »Bibelcode« verfolgen: Da hat irgendein Sp..., äh, eine Person, die vermutlich nicht mehrheitsfähige Ansichten vertritt, behauptet, dass die Welt im Jahre 2006 in einem atomaren Holocaust zugrunde gehen wird. Und das alles soll kodiert in der Bibel stehen.
  Nun, das klingt zunächst wenig überzeugend. Aber dann erfahre ich, dass Bush derzeit eine neue Doktrin für den Atomwaffeneinsatz entwickelt. Die besagt, kurz zusammengefasst, dass die USA in Zukunft gegen alles und jeden Atomwaffen einsetzen können, wenn es ihnen gerade vorteilhaft erscheint, und dass sie Atomwaffen überall hinbringen und stationieren wollen, wo gerade irgendwelche Verrückten mit bösen Absichten rumlaufen.
  Da frage ich mich doch, ob zwischen diesen beiden Sachverhalten ein Zusammenhang besteht ...


Aber nein – warum das Misstrauen? Die USA sind der mächtigste Staat der Erde. Die wissen schon, was sie tun! Anstatt also das Schlimmste zu befürchten und überall Fehler und Dummheit am Werk zu sehen, sollte man lieber vertrauen. Und lernen.
  Damit meine ich nicht, dass ich in Zukunft mein Geld nur noch an Orte tragen möchte, wo möglichst viele maskierte Bedürftige mit krimineller Vergangenheit herumlaufen. Oder dass ich einen Koffer voller Waffen auf eine Station für geisteskranke Massenmörder bringen will. Aber ich denke doch, dass man nach dem Vorbild der amerikanischen Politik viele potenzielle Gefahrenherde präventiv entschärfen könnte.
  Heute beispielsweise parkte ein dicker Tanklastzug unmittelbar vor unserem Fenster und lieferte dem Nachbarn sein Heizöl. Das war schon ein sehr beunruhigender Anblick, denn immerhin könnte so ein Tanklastzug explodieren und dann die ganze Straße und schlimmer noch: Meine Wohnung gefährden
!  Meine Lehre aus der US-Politik sieht also so aus, dass ich mir, um mich gegen solche Gefahren zu schützen, am besten gleich eine möglichst schwere Waffe besorgen muss. Ein Raketenwerfer sollte reichen. Und wenn dann dieser bedrohliche Tanklastzug vor meiner Tür steht – zack! Abgeschossen!
  Schon bin ich in Sicherheit und muss nicht immerzu befürchten, dass da irgendein gefährlicher Unfall passieren könnte. Oder?


Ohne Zweifel eine Taktik, die die Welt verbessern wird. Im großen Rahmen zeigt man den bösen Terroristen, was eine Harke ist: Wenn man irgendwo einen solchen Schurken sieht, gleich eine Atomwaffe drauf! Wollen doch mal sehen, ob die dann noch irgendwo irgendwas kaputt machen können. Und im Kleinen kehrt man vor der eigenen Haustür und verhindert, das Schlimmeres passiert, indem man gleich selbst dafür sorgt.
  Da sollte doch gleich jeder vernünftige und aufrechte Bürger mitmachen. Denn von Bush lernen heißt siegen lernen! Denk ich jetzt mal ...

Montag, 19. September 2005

Seltsame Hobbys haben die Leute ...

»Machen Sie Ihr Hobby zum Beruf«, so kann man regelmäßig in einer Stellenanzeige in meiner Zeitung lesen. Da ich ja nun auch mein Hobby zum Beruf gemacht habe, schau ich da gerne mal genauer hin, was für eine Tätigkeit auf diese Weise mit meiner Berufswahl verglichen wird.
  Und, große Überraschung: Es ist die Arbeit in einem Call-Center! Na, damit hätte ich wirklich nicht gerechnet ...
  Hat etwa tatsächlich jemand das Hobby, bei wildfremden Leuten anzurufen und ihnen irgendwelchen Quarks aufzuschwatzen, den sie nicht haben wollen? Oder die Rückfragen entnervter Kunden zu beantworten, die mit Problemen anrufen, von denen man nicht die leiseste Ahnung hat?
  Können die Inserenten dieser Anzeige wirklich darauf hoffen, dass sich jemand meldet, der das passende Hobby zu diesem Beruf hat?


Ich fürchte, nein. Viel repräsentativer dürfte da schon die Einschätzung eines jungen Mannes sein, der eine Zeitlang bei unserer Rollenspielgruppe mitgespielt hat: Er hat zunächst im Call-Center gearbeitet und dann eine Ausbildung als Bestatter angefangen. Und verglichen mit seinem früheren Job hat er nach dem Wechsel das Paradies gefunden ... natürlich nur sinnbildlich gesprochen, würde ich sagen. Aber wer weiß?
  Nun, wie auch immer: Wer auch immer die oben angesprochene Anzeige formuliert hat, er ist vermutlich die einzige Person in ganz Deutschland, die dieses sonderbare Hobby pflegt. Ich fürchte, meine unbekannte Dame oder mein unbekannter Herr, Sie werden einsam bleiben. Das muss ich Ihnen leider sagen.
  Aber wer weiß: Vielleicht weiß die Person das ja schon? Vielleicht hat sie ganz bewusst und zynisch eine solche Anzeige formuliert, auf die sich kaum eine Person in ganz Deutschland guten Gewissens und ehrlich bewerben kann? Aber nein, das kann nicht sein: Das würde ja bedeuten, dass dieser Arbeitgeber nur Lügner und Heuchler als Bewerber sucht. Und für welchen Job sollte man solche Leute schon brauchen können?

Freitag, 16. September 2005

Jeder hat sein Kreuz zu tragen ... äh, zu machen

Am Wochenende ist Wahl, und der Wahlkampf findet damit ein Ende. Vielleicht ein Glück, denn da mein Blog in dieser Zeit eröffnet wurde, haben sich tagespolitische Themen förmlich aufgedrängt. Das wird in nächster Zeit hoffentlich ruhiger werden.
  Ich habe die Gelegenheiten genutzt, um noch so oft wie möglich meinen Standpunkt gegen Merkel deutlich zu machen. Weil ich in dieser Hinsicht etwas zu sagen habe und der Ansicht bin, dass es gesagt werden muss. Jetzt ist im Grunde alles gesagt, und es bleibt nur noch das Ergebnis abzuwarten.
  Natürlich redet man damit irgendwie gegen den Zeitgeist an, und das ist ein Kampf gegen Windmühlenflügel. Aber wenn man resigniert oder sich stets nur für das einsetzt, was Erfolg verspricht, dann verspielt man seine Gestaltungsmöglichkeiten. Und so halte ich es erst mal für wichtiger, was man tut, als was man erreicht.
  Also tue ich, was ich für das Richtige halte. Wenn genug andere dasselbe für richtig halten, wird die Welt damit (zumindest aus meiner Sicht, natürlich) besser. Und sonst muss man halt mit dem weitermachen, was man hat.


Und das wird, irgendwann nach diesem Wochenende, vermutlich eine Merkel als deutsche Kanzlerin sein. Mir bleibt als Trost nur die Überzeugung, dass sie bei dieser Wahl nicht gewinnen würde, wenn jeder, der es in einem Jahr bereuen wird, diese Regierung gewählt zu haben, diese Regierung schon jetzt nicht wählte.
  Aber in der Vergangenheit hat sich leider oft genug gezeigt, dass die Deutschen – anstatt gleich die Regierung zu wählen, die sie wollen – lieber eine Regierung wählen, die sie nicht wollen, damit sie sich später darüber aufregen können. Dieser Trend spricht eindeutig für Schwarz-Gelb. Das lässt Schlimmes fürchten.
  Ich für meinen Teil werde am Sonntag mein Kreuz machen, und das beste, worauf ich hoffe, ist ein Wahlergebnis, das nur eine große Koalition zulässt. Auch das würde wohl Merkel zur Kanzlerin machen; aber zumindest würde sie dann von einem starken Gegengewicht gebremst und kontrolliert, und vielleicht sogar so weit aufgerieben, dass sie auf Dauer ihre Position nicht halten kann. Am liebsten wäre mir natürlich ein Wahlergebnis, bei dem die CDU gar nicht als Regierungs-Mehrheitspartei antreten wird ... auch das wäre noch denkbar.
  Man wird sehen. Sonntagabend werde ich also feiern, mich freuen oder mich ärgern.
  Und ab Montag geht es dann mit neuen Themen weiter ... hier und wohl auch anderswo.

Mittwoch, 14. September 2005

Telekinetische Computer

Die Tageszeitung ist immer wieder eine Inspirationsquelle fürs Blog. Letztens las ich dort, dass die Princeton-Universität endlich herausgefunden hat, warum Computer immer dann nicht funktionieren, wenn man sie am nötigsten braucht. Die Lösung ist: Telekinese! Der Benutzer mit seinen geheimnisvollen zerstörerischen Kräften überträgt seine Anspannung auf den Rechner und bringt ihn zum Absturz.
  Das erinnert mich gleich an den auffälligsten Vorfall dieser Art, den ich erleben durfte. Es war der Tag vor der Abgabe des ersten Romanes meiner Freundin. Alles war fertig, das Manuskript musste nur noch ausgedruckt werden. Und das Drama begann – nennen wir es mal, in Anlehnung an die Princeton-Untersuchung, »Die geheimnisvolle Macht«.
  Als Erstes weigerte sich der Computer vollkommen, den Drucker anzusprechen. Wir starteten mehrere Druckjobs und auch ein paarmal Computer und/oder Drucker neu. Außer einigen kryptischen Steuerzeichen gab der Drucker nichts von sich. Ich hätte sofort aufgeben sollen, wollte allerdings nicht glauben, dass es plötzlich nicht mehr funktioniert – und verbrachte mehrere Stunden mit Druckertreibern, Kabelverbindungen, Installationen und Testläufen. Und erst dann gab ich auf.
  Zum Glück hatten wir noch einen Laserdrucker. Also, blitzschnell den Switch umgelegt, einen anderen Druckertreiber zugeordnet und schwupp – die ersten Seiten landeten im Ausgabeschacht. Nur leider hatte der Laserdrucker kurzfristig vergessen, wie man Umlaute druckt. Argh! Wieder folgte das übliche Ritual: Testdrucke, Treiber überprüfen, andere Zeichensätze ausprobieren – alles ohne Erfolg. Der Laserdrucker druckte keine Umlaute mehr. Punkt.
  Zum Glück hatten wir noch einen dritten Drucker. Nur leider war das ein Modell der älteren Generation, und der Druckvorgang dauert lange. Und bei den ganzen Technik-Fummeleien war es inzwischen 23.00 Uhr geworden, und wir schafften es an diesem Tag nicht mehr, den Druck zu vollenden. Am nächsten Morgen stand ich früher auf und druckte weiter, und als wir zum Verlagstermin losfahren wollten und schon in Schuhen und Mantel dastanden, spuckte der letzte Drucker gerade rechtzeitig auch das letzte Blatt aus.


Völlig überflüssiger Stress also, weil nicht nur ein System, sondern auch das Ersatzsystem im Moment dringendster Not versagt hatte. Ich war verärgert. Und am nächsten Tag reservierte ich mir die nötige Zeit, um das System von Grund auf zu renovieren. Neuinstallation war angesagt, und auch vor dem Austausch technischer Komponenten hätte ich nicht zurückgeschreckt, zumal sich schon in den Tagen vor der Abgabe die Schwierigkeiten gehäuft hatten.
  Was geschah? Ich schaltete den Rechner an und schickte zu Testzwecken eine Datei an den Drucker, um mal in aller Ruhe und ohne Hektik den Fehler zu analysieren. Fehler? Welcher Fehler? Alles funktionierte einwandfrei. Ich versuchte es mit denselben Dateien, die zwei Tage vorher nicht funktioniert hatten. Der Drucker druckte. Ich schaltete auf Laser um, und ein Text mitsamt Umlauten erschien.
  Fassungslos probierte ich alle möglichen Kombinationen aus, aber keiner der kurz zuvor beobachteten Fehler tauchte jemals wieder auf. Und auch die Schwierigkeiten, über die meine Freundin vorher geklagt hatte – beispielsweise häufige Abstürze und fehlerhaftes Abspeichern im Word – wiederholten sich nicht wieder. Nie wieder. Es war, als wäre ein Geist aus der Maschine entwichen.
  Jetzt, dank Princeton, kenne ich den wahren Grund: Meine Freundin hat telekinetische Kräfte!


Nun, kein Grund zur Aufregung: Als regelmäßiger Zuschauer einschlägiger Mystery-Filme habe ich dafür auch schon die Lösung parat. Für die nächste Romanabgabe liegt schon die praktische Kappe aus Alufolie bereit. Wenn der Drucker wieder streikt – dann kommt meine Freundin unter die Haube, und die Störstrahlen sind gebannt!
  Was den praktischen Nebeneffekt hat, dass wir auch für UFOs nicht mehr zu orten sind ... Aber das weiß der eingefleischte Mystery-Fan ja schon selbst.

Montag, 12. September 2005

Der Unterschied zwischen Wetter und Wetterbericht

Am Freitag schaute der Wetterbericht vorbei. »Am Montag wird's regnen«, sagte er.
  »Das kann nicht sein«, erwiderte ich. »Am Montagabend muss ich mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahren.«
  »Dann solltest du vielleicht das Auto nehmen«, empfahl mir der Wetterbericht.
  »Vergiss es«, erwiderte ich. »Das geht nicht. Ich will nach Köln und was trinken.«
  Wir stritten also hin und her, und im Laufe des Wochenendes bekam ich den Wetterbericht tatsächlich mürbe.
  »Nun gut, meinetwegen«, gab er heute morgen nach. »Regen nur noch heute Vormittag. Am Nachmittag wird's dann wieder schön trocken, und Regen gibt's erst am Mittwoch wieder. Reicht das?«
  »Selbstverständlich«, sagte ich erfreut, und der Wetterbericht zog ab.


Ich war also im weiteren Verlauf des Tages gut gelaunt und feierte meinen Erfolg. Im Laufe des Tages blickte ich immer wieder misstrauisch nach draußen. Und jetzt ist es Montagabend – und ich frage mich, ob ich nicht lieber das Wetter hätte überzeugen sollen, anstatt meine Zeit mit dem Wetterbericht zu verschwenden.

Sonntag, 11. September 2005

Wahlkampf-Selbstbetrug

»Union bangt um den Sieg«, so lautet die Schlagzeile meiner Tageszeitung zum Wochenende. Das klingt fast so, als hätte die CDU sich etwas erarbeitet, oder gar Anspruch auf etwas, was ihr nun zu entgleiten droht. Dabei ist es schon vermessen von ihr, einen solchen Wahlsieg überhaupt einzufordern.
  Denn, nüchtern betrachtet: Die CDU hat für die Zeit nach der Wahl nichts zu bieten, was hier zu Lande mehrheitsfähig wäre. Kirchhofs Steuerpläne vielleicht (und selbst da habe ich inzwischen anders lautende Umfrageergebnisse gesehen), aber die möchte die CDU ja ohnehin nicht umsetzen. Wenn es also eine Zeitlang so aussah, als hätte die CDU den Wahlsieg in der Tasche, dann lag das nicht daran, dass sie eine Mehrheit der Bürger überzeugt hätte – vielmehr hat eine Mehrheit der Bürger von der gegenwärtigen Regierung die Nase voll und würde fast alles wählen, um sie los zu werden. Fast alles, wie sich immer stärker zeigt.
  Also, bisher hat die CDU dem deutschen Wähler ein Horrorprogramm vorgelegt, dass keiner haben will. Und sie hat darauf gehofft, dass dieser Wähler mit der gegenwärtigen Regierung so unzufrieden ist, dass er nicht weiter darüber nachdenkt und aus bloßem Zorn über Schröder für Merkel stimmt. Und die dann später sagen kann: »Gewählt ist gewählt – und jetzt soll der Wähler gefälligst die Klappe halten.«
  Das ist schon eine ziemlich unverschämte und dreiste Rechnung. Wenn nun die Gefahr besteht, dass sie nicht aufgeht, dann sollte die CDU-Spitze nicht so gekränkt herumjammern. Sondern sich lieber dafür schämen, wie sie sich durch den Wahlkampf mogeln wollte, und vielleicht ein wenig Reue zeigen. Aber das wäre natürlich zu viel verlangt.


Aber muss die Union wirklich um den Sieg bangen? Eigentlich nicht. Anfang des Jahres sah es noch so aus, als hätte Schwarz-Gelb sogar Aussicht auf eine Zweidrittelmehrheit. Nun reicht es für Schwarz-Gelb vielleicht gar nicht mehr – aber die einzige Alternative wäre dann eine große Koalition.
  Und auch in einer großen Koalition wäre die CDU die führende Regierungspartei, und Merkel vermutlich die künftige Kanzlerin. Und damit hätte die CDU ohnehin schon mehr bekommen, als ihr eigentlich zusteht – und umso maßloser wirken jetzt die Klagen im Schlagzeilen-Format.
  Genau genommen muss die Union nicht um den Sieg bangen. Sie muss nur befürchten, dass sie den Sieg nicht ganz so bekommen wird, wie sie ihn haben will. Und da sie bisher nichts dafür getan hat, um sich diesen Sieg zu erarbeiten, sondern vielmehr nur darauf hoffte, ihn geschenkt zu kriegen ... hat sie ihn auch nicht verdient. Sie soll also das Almosen annehmen, das ihr der Wähler mangels Alternativen am Wahltag zubilligt, und dafür dankbar sein.

Freitag, 9. September 2005

Nasse Füße

Mehr als eine Woche nach dem Hurricane glätten sich allmählich die Wogen im Chaos der Berichterstattung, und es wird möglich, eine erste Bilanz zu ziehen. Aber muss dazu überhaupt noch mehr gesagt werden? Zumal aus Deutschland, weitab vom Geschehen, wo doch genug Blogger vor Ort und Stelle authentische Berichte liefern?
  Andererseits ist die Katastrophe von New Orleans kein weit entferntes Unglück, sondern es betrifft uns selbst unmittelbar. Es ist ein Teil unserer Welt, der da untergeht – aber die Sorgen, die man als Beobachter hier in Deutschland dabei hat, sind naturgemäß ganz anders als die des Betroffenen vor Ort, der überhaupt erst mal seine Füße aus dem Wasser kriegen muss, bevor er sich über andere Dinge Gedanken machen kann.


Ich halte es also für sinnvoll, dass man nicht nur aus der Ferne den Berichten aus den USA lauscht, mit einer Mischung aus Mitleid, Erleichterung und der Empörung vermeintlicher moralischer Überlegenheit über die Fehler der Busch-Administration. Es ist leicht, die Probleme als weit entfernt zu definieren. Aber sie sind uns näher, als wir denken.


<Lesen Sie hier im ausführlichen Aufsatz, warum der Untergang von New Orleans auch mir nasse Füße bereitet>

Donnerstag, 8. September 2005

Treffen unter Freunden

Ist es nicht seltsam? In der letzten Woche hatte ich zahlreiche Einfälle, was ich in mein Blog schreibe. Ich war viel unterwegs, und oftmals habe ich Dinge gesehen, bei denen ich mir dachte: Da kann man was draus machen. Oder ich habe in der Zeitung gelesen, und gerade jetzt im Wahlkampf schüttelt man dabei oft den Kopf und denkt: Dazu muss man doch was sagen!
  Ich hatte also viele Einfälle für mein Blog, aber gerade weil ich viel unterwegs war, hatte ich keine Zeit, sie aufzuschreiben. Und jetzt, wo ich Zeit habe (ein wenig) und alles nachholen will – sind die Einfälle weg.
  Also werde ich nur kurz beschreiben, warum ich nach Bayern immer noch nicht zu Hause war, und wo die Zeit und die Pflege meines Blogs geblieben ist.


Das ganze fing 1993 an (ich weiß, das wirkt ein wenig weit ausgeholt, wenn man eigentlich nur erzählen will, wie man das letzte Wochenende verbracht hat; aber es fing nun mal 1993 an, was soll ich machen?) - da nahmen wir das erste Mal in Lützenkirchen an einem Treffen von Star-Wars-Fans teil, an einem Star-Wars-Con also. Ich erinnere mich gar nicht mehr, wie der Club hieß, der das organisierte. Aber es war ein tolles Treffen, gute Stimmung und der Anfang einer jahrelangen Star-Wars-Phase, in deren Verlauf meine Freundin und ich auch ein paar Fanzines zum Thema herausbrachten. Ein sehr fruchtbares Beginnen also, damals, im Jahr 1993 ...
  Äh, ja – das letzte Wochenende. Also, da muss ich ein wenig weiter ausholen: Die besagten Star-Wars-Cons in Lützenkirchen wiederholten sich von Jahr zu Jahr. Die Stimmung war nie mehr so wie beim ersten Treffen, aber es war immer noch ein Event. Allerdings verlagerten sich allmählich die Themen, und auch die Zusammensetzung der Teilnehmer änderte sich: Manche zerstritten sich, neue Leute kamen hinzu. Das Thema wurde offener: Zu Star Wars gesellt sich Akte X und Babylon 5 ... und dann war es irgendwann vorbei, und der Freundeskreis zerstreute sich.
  Mit einigen Leuten blieb man in Kontakt, aber eher aus der Ferne. Bis schließlich, vor einigen Jahren, ein paar der ehemaligen Star-Wars-Fans beschlossen, sich wieder in Lützenkirchen zu treffen. Da sich ja einiges verändert hatte und es nicht mehr nur um Star Wars ging, nannte man das ganze nicht mehr Con, sondern einfach nur noch »Treffen unter Freunden«. Ja, und genau da bin ich am Wochenende gewesen.
  Man trifft sich also mit alten Freunden in recht familiärer Atmosphäre. Man kocht zusammen, unterhält sich, hauptsächlich über SF; man redet über die großen Filme des letzten Jahres, welche Klassiker-Sondereditionen zuletzt auf DVD erschienen sind. Wir haben einen Puppen-Animationsfilm gesehen, der von Teilnehmern am Treffen selbst gedreht wurde, und einen Star-Wars-Fanfilm. Und so weiter. Die traditionelle Wasserschlacht fand in diesem Jahr nicht statt, so wenig wie das Live-Rollenspiel (das hat sich vor einigen Jahren schon festgefahren, aber irgendwie schafft es einfach niemand, einen richtigen »Reboot« hinzukriegen und einfach ein neues Abenteuer zu organisieren).
  Dafür habe ich, wie immer bei diesem jährlichen Treffen, wieder ein interessantes Gesellschaftsspiel kennen gelernt (»Die Werwölfe von Düsterwald« - ein nettes Spiel, aber leider braucht man mindestens 8 Spieler dafür, und die kriegt man ja nicht so leicht zusammen. Außerdem war ich 4 mal hintereinander der Werwolf, und beim 5. Mal wollte mir niemand glauben, dass ich diesmal keiner bin, obwohl die Wahrscheinlichkeit, 5 mal hintereinander den Werwolf zu ziehen, nur bei ca. 1:250 liegt ... aber ich schweife ab).


Also, so viel zum Wochenende. Und auch wenn ich all die zahllosen spektakulären Ereignisse wieder vergessen hatte, die ich dazu eigentlich in mein Blog schreiben wollte, so war es doch ein schönes Treffen unter Freunden.
  Und im nächsten Jahr führe ich auch Buch darüber, damit die Berichterstattung hier auch reißerischer wird. Großes Werwolfsehrenwort. Und einem Werwolf kann man vertrauen. Ehrlich!

Dienstag, 6. September 2005

Bahnfahren und andere schöne Dinge

So, in den letzten Tagen ist wenig von mir gekommen. Das lag daran, dass ich selbst auch zu wenig gekommen bin und viel außer Haus war. Also ist in nächster Zeit »nacharbeiten« angesagt. Und hier der Anfang:


Letzte Woche war ich zu Besuch bei meinen Eltern in Bayern, und über die Bahnfahrt könnte ich eine Menge erzählen. Ich könnte beispielsweise erzählen, wie auf der Hinfahrt im ersten Nahverkehrszug ein penetranter Brandgeruch aus dem Verbindungsstück zwischen zwei Waggons zog. Nicht unbedingt beunruhigend im Sinne von »hier brennt's«, sondern einfach nur stechend und unangenehm – der typische Geruch von schleifendem Metall, von Bremsen beispielsweise. Da fühlte man sich im Nichtraucherabteil gleich wie zu Besuch in der Stahlfabrik. Vor der Erfindung von Filteranlagen ...
  Ich könnte davon erzählen, wie auf meinem Bahnsteig in Köln Hbf nur im Raucherbereich Bänke angebracht waren. Wohlgemerkt, auf diesem Bahnsteig – auf dem Bahnsteig beispielsweise, auf dem ich ankam, waren die Bänke gleichmäßiger verteilt, wie um zu zeigen, dass es ginge, wenn die Bahn wollte. Aber auf dem Bahnsteig für den Fernverkehr blieb Fahrgästen nur die Wahl, entweder das Rauchen anzufangen oder zu stehen. Soll das etwa der Beitrag der Bahn zum Rentenproblem sein, dass man so beispielsweise jeden alten Menschen, der nicht mehr so gut zu Fuß ist, automatisch in die Lungenkrebs-Ecke drängt?
  Und ich könnte davon erzählen, wie ich bei der Rückfahrt in einem Nahverkehrszug saß, der die Probleme mit offen stehenden Türen auf sehr eigene Art löste. Vielleicht kennt sonst noch jemand diese Zwischentüren: Sie lassen sich ganz normal aufschieben, gehen aber nach einer gewissen, nicht eindeutig festgelegten Zeit wieder zu. Und sie gehen zu – egal, wer oder was noch dazwischen steht!
  Manchmal gehen sie auch schon wieder zu, bevor sie noch ganz geöffnet sind, und häufig sah man verzweifelte Fahrgäste, die aussteigen wollten und mit der einen Hand den Koffer balancierten, während sie mit der anderen verzweifelt an der Tür ruckelten und zerrten. Da wundert man sich nicht, dass man besagte Türen etwa in der Hälfte aller Fälle defekt und halb aus der Führungsschiene gerissen vorfindet – ich muss sagen, wäre ich ein 120-Kilo-Typ und würde die Tür mit mir das machen, was sie mit mir bei dieser Fahrt gemacht hat, hinge sie anschließend auch halb aus der Führungsschiene gerissen da. Und wenn so eine Tür mal ein paar Fahrten mitmacht, kommt irgendwann auch unweigerlich mal ein 120-Kilo-Typ vorbei ...
  Wenn mehrere Leute beim Einsteigen durch diese Tür wollten und sie ausnahmsweise mal perfekt funktionierte, bedeutete das auch nur, dass sie spätestens beim dritten Fahrgast wieder zuging. Krach-Peng! Natürlich auch, wenn der Fahrgast gerade dazwischen steht und nicht weitergehen kann, weil sich eine Schlange gebildet hatte.
  Diesmal ging dabei alles gut – in den 15 Minuten, die ich im Zug saß, kamen nur Fahrgäste, die jung und gesund waren, aber nicht zu jung. Bei früheren Fahrten habe ich allerdings auch schon erlebt, wie ein kleines Kind von einer solchen Tür »zusammengeschlagen« wurde und danach heulend bei der Mutter im Arm hing; und zweimal hat es ältere Leute erwischt, denen ein Bein eingeklemmt wurde oder die einen kräftigen Stoß gegen die Schulter erhielten, weil sie sich nach Meinung der Tür nicht so zügig bewegten, wie es Fahrgäste der Deutschen Bahn tun sollten ...
  Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Türen nicht irgendwann mal einen gebrechlichen Fahrgast ernsthaft verletzen oder das schon getan haben. Ich kann Betroffenen jedenfalls gerne bestätigen, dass das Problem bei den Türen schon länger besteht, dass es mehrfach Schaffnern gegenüber zur Sprache gebracht wurde und die Bahn es offenbar bewusst nicht für nötig hält, diese Fallbeile in ihren Zügen zu entschärfen.


Wie gesagt, das alles könnte ich erzählen. Aber nachdem ich schon in Bezug auf meine Reise nach Berlin einige despektierliche Anmerkungen fallen ließ, könnte dadurch der Eindruck entstehen, ich würde mich auf die Bahn einschießen. Das ist natürlich nicht der Fall. Denn für die Unhöflichkeit der Fahrgäste, die keine Türen schließen, kann die Bahn ja nichts. Und die gemeingefährlichen Schnapptüren sind ja überhaupt nur deshalb eingeführt worden, um den Höflichkeitsmangel der Fahrgäste durch einen technischen Mangel auszugleichen.
  Und Deutschland braucht ja auch mehr Optimismus und keine Meckereien. Deshalb erzähle ich jetzt keine Dinge, sondern sage etwas Positives über das Bahnfahren. Also ... äh ... ja ... Blumen! Ja, Blumen sind doch irgendwie was Positives. Und wenn man bei der Bahnfahrt aus dem Fenster schaut, sieht man dann und wann auch mal Blumen.
  Na bitte, da geht es doch gleich aufwärts mit Deutschland und der Bahn!