Freitag, 23. Februar 2007

Peter Handke

Jetzt hat er ihn doch endlich gekriegt, den Heinrich-Heine-Preis. Allerdings nicht in Düsseldorf, sondern den der Stadt Berlin. Womit mal wieder deutlich belegt ist, wo die Provinz ist und wo die Metropole – denn das erkennt man nicht zuletzt auch an der Fähigkeit, selbst kontroverse Fragen souverän anzugehen, ohne eine Provinzposse draus zu machen.
  Nun ja: Düsseldorf war ja auch noch nie als kulturelles Zentrum bekannt. Und der Vorgang belegt recht eindrucksvoll, dass die alten Regeln auch in der Moderne nicht außer Kraft gesetzt sind. Denn es glauben ja viele, dass man mit genug Geld und gutem Willen alles aus dem Boden stampfen kann. Aber so dick man den Lack auch aufträgt: Substanz wächst nur mit Tradition. Und diese Tradition ist es letztlich, die hektische Aufgeregtheiten vermeidet.
  Und was man von Düsseldorf noch nicht erwarten kann.

Montag, 19. Februar 2007

Erziehung oder Betreuung

Derzeit eifrig diskutiert wird ja die Familienpolitik von Ursula von der Leyen. Nach erstem heftigen Gegenwind seitens der Konservativen wächst nun die Zustimmung – trotzdem lohnt es sich, die Vorschläge aus einer anderen Perspektive anzusehen. Denn es geht um eine Ausweitung der Betreuung, um Müttern trotz Kindern eine größere Beweglichkeit nicht zuletzt auch für die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf zu verschaffen. Aber was bedeutet das in der Praxis?
  Was in der Theorie gut klingt und ein lobenswerter Ansatz ist, zeigt seine Probleme erst in der Umsetzung. Mit der Einführung der „offenen Ganztagsschule“ in Nordrheinwestfalen sollte nämlich genau ein Schritt in die jetzt von unserer Familienministerin angedeutete Richtung getan werden – und deshalb lässt sich hier auch abschätzen, wohin dieser Weg führt.
  Hier lässt sich nämlich beobachten, dass die Ausweitung der Betreuung zu Lasten der erzieherischen Qualität geht – weil nämlich für die zusätzlichen Betreuungsplätze nicht im gleichen Umfang zusätzliche Gelder zur Verfügung gestellt werden, sondern stattdessen teuere und höherwertige Erziehungsangebote reduziert oder ganz geschlossen werden, um dafür mehr billige Plätze anbieten können. Vor diesem Hintergrund sind also zwei Fragen zu beantworten: Ist es das, was sich Frau von der Leyen auch für ihre Initiative gedacht hat? Und, wenn ja, wo genau liegen die Nachteile?


Mir persönlich fallen zunächst einmal drei Gruppen ein, wenn ich an Erziehungs- oder Betreuungsangebote denke: Zunächst einmal überforderten Familien, die in letzter Zeit ebenfalls Schlagzeilen machen – nämlich mit spektakulären Fällen von Verwahrlosung. Mitunter geht das zu Lasten der Kinder, mitunter aber auch zu Lasten der Gesellschaft – wenn auf diese Weise jugendliche Intensivstraftäter herangezogen werden.
  Oft genug leiden Kinder und Gesellschaft gleichermaßen, wenn nämlich die Erziehungs- und Integrationsdefizite der Kinder aus diesen Familien so groß sind, dass nicht nur sie selbst bei Eintritt in die Schule schon aufs Abstellgreis geraten, sondern auch noch das Niveau um sich herum so weit nach unten ziehen, dass sie andere Kinder mit hinabziehen. Solche Defizite mögen vor unterschiedlichem Hintergrund vorkommen – trotzdem möchte ich mir mal erlauben, diese Fälle mit den derzeit ebenfalls diskutierten Schlagworten „Migrationshintergrund“ und „Unterschichtendebatte“ in Verbindung zu bringen.
  Als zweite „Familiengruppe“ würde ich dann erfolgsorientierte Familien mit zwei berufstätigen Partnern nennen, oder auch einem alleinerziehenden, aber karriereorientiertem Elternteil.
  Und eine dritte Gruppe wäre dann die „klassische“ Familie, wo ein Elternteil zu Hause bleibt und die Erziehung selbst leitet, und auch durchaus dazu in der Lage ist – aber womöglich unterfordert und bei besseren Betreuungsmöglichkeiten in Gruppe 2 „aufsteigen“ könnte.
  Vielleicht habe ich etwas übersehen und es gibt noch weitere „Familiengruppen“. Eines sollte allerdings klar sein: Diese unterschiedlichen Ausgangslagen lassen sich nicht über einen Kamm scheren, sondern sie erfordern grundsätzlich unterschiedliche Angebote. Für Kinder der „Gruppe 2“ mag eine einfache Betreuung ausreichen, weil die Eltern womöglich neben der Erziehung noch eingespannt sind, aber trotzdem in der Lage sind, den Kindern auch noch eigenständig etwas zu vermitteln – und sei es auch nur durch ihr aktives Vorbild und ihre Möglichkeit, selbst zusätzliche Förderungsmöglichkeiten zu organisieren.
  Für die Kinder der „Gruppe 1“ reicht Betreuung aber keinesfalls: Sie brauchen nicht nur Betreuung, sondern Erziehung und hochwertige Fördermaßnahmen. Bei einer breiteren Betreuungsbasis sollte sichergestellt sein, dass diese Maßnahmen dann nicht außen vor bleiben.
  „Gruppe 3“ mit dem „erziehenden Elternteil“ kann vielleicht von den Betreuungsmaßnahmen profitieren. Trotzdem sollten diejenigen Eltern nicht übersehen werden, die sich trotzdem noch selbst um ihre Kinder kümmern wollen und dazu auch in der Lage sind. Und diese Familien können am besten von Unterstützung profitieren – sei es in Form unmittelbarer finanzieller Zuwendungen, oder in Form subventionierter Kursangebote wie Musikschulen etc.


Es stellt sich also die Frage, wie Frau von der Leyen sich die Austarierung der unterschiedlichen Anforderungen dieser unterschiedlichen Arten von Familie gedacht hat. Hier in NRW wird derzeit viel über verbesserte Förderung der „Gruppe 1“ geredet – beispielsweise durch vorschulische Tests und ggf. „Kindergartenpflichtzeiten“. Tatsächlich aber sind zugunsten der offenen Ganztagsschule erst mal Mittel weggefallen, die bisher für andere pädagogische Konzepte zur Verfügung standen; und es wurden auch Angebote reduziert, die vorher die Eltern nutzen konnten, die sich selbst um die Erziehung ihrer Kinder kümmern wollen.
  Frau von der Leyen zählt selbst zur „zweiten Gruppe“, kann förmlich als Musterbeispiel für diesen Typus herhalten. Es kommt mir daher zunächst mal sonderbar vor, dass von ihren Vorschlägen, soweit ich sehen kann, gerade auch diese „Gruppe 2“ am ehesten profitiert – und dass sich aus meinen bisherigen Erfahrungen der Eindruck ergibt, dass die anderen Gruppen die Kosten dafür zu tragen haben werden.
  Es würde Deutschland sicher nicht schaden, mehr Mittel in die Erziehungs- und Bildungspolitik zu lenken. Wenn die diskutierten Vorschläge von Ursula von der Leyen allerdings ausschließlich oder auch nur zu einem Großteil durch bloße Umschichtungen innerhalb des Ressorts finanziert werden sollen, sähe das für mich nach einem erstklassigem Fall von Klientelpolitik aus: den andern wird's genommen, um es der eigenen Gruppe zu geben. Das jedenfalls kann keine sinnvolle Politik sein, selbst wenn die geförderte Gruppe tatsächlich einen förderungswürdigen Lebensstil vertritt – und damit greift die derzeitige Diskussion, die sich nur darauf beschränkt, zu kurz.
  Ich denke also, dass unsere Familienministerin zumindest mehr Distanz von der eigenen Person an den Tag legen und deutlich machen sollte, wie sie die Ausgewogenheit der unterschiedlichen Familienfördermaßnahmen zu sichern gedenkt. Bis jetzt jedenfalls hatte ich eher den Eindruck, dass hier nach dem Motto verfahren wird: An meinem Wesen soll die Welt genesen.

Montag, 12. Februar 2007

Heute in der Zeitung ...

... fand ich die Werbung einer bekannten Billigfluglinie mit folgendem Werbespruch: „Viele tolle Destinationen verfügbar!“


Muss das wirklich sein?


Klar, Werbetexter finden immer gute Gründe für ihr Denglisch: Klingt moderner, weltoffener, einfach klangvoller, heischt nach Aufmerksamkeit ...
  Aber man möge sich dieses Wort mal auf der Zunge zergehen lassen: „Destinationen“
  Klingt, wie frisch aus der Amtsstube importiert. Schwerfällig. Leblos. So bodenständig und bleiern, dass man sich schon fragt, wie ein Flugzeug abheben kann, das mit diesem Begriff beworben wird.
  Sicher, vermutlich würde den Werbetextern auch was einfallen, um diese Wortwahl zu verkaufen. Ist schließlich ihr Job. Aber wer den Begriff auf sich wirken lässt, merkt sofort, dass da jede Begründung nur hohles Vertretergelaber und lachhafte Rechtfertigung ist.


Dieser Werbespruch ist der eindeutige Beweis: Das „Denglisch“ der Werbewelt ist kein wohlüberlegter Spracheinsatz, auf Klang und Wirkung hin optimiert. Es ist nur Ausdruck der Hilflosigkeit von Textern, die schlicht kein Deutsch können und beim verzweifelten Ringen um den richtigen Ausdruck einfach aufgeben und irgendwas hinschreiben.
  Also, meine kostenlose Sprachberatung an die Texter dieser Anzeige: Das Wort, nach dem ihr drei Nächte vergebens gesucht habt, bevor ihr schließlich kapitulieren musstet, lautet „Ziele“.

Mittwoch, 7. Februar 2007

Der Fehler des Autoren ist der Genitiv

Ich könnte immer wieder schreien, wenn ich irgendwo von "dem Autoren" lese. Und das lese ich leider immer häufiger. Also, hier sei's gesagt: "Autoren" ist Plural, und sonst nix!
Lustigerweise sind es meist Autoren, die nicht wissen, wie man ihren Beruf richtig schreibt – und das ist irgendwie traurig. Wenn ich so was in einem Manuskript lese, würde ich dem betreffenden "Autoren" immer gerne sagen, er soll erst mal zur Schule gehen und schreiben lernen, bevor er auf diesem Gebiet arbeiten will.
  Interessant auch, wie unbelehrbar manche an ihrem Fehler festhalten: Da wird ein eindeutiger grammatischer Sachverhalt gerne zur "umstrittenen Frage" erklärt, oder es wird gar auf die "Neue Rechtschreibung" verwiesen. Selbst der Hinweis auf den Duden hilft nicht immer weiter: "Aber im Duden steht doch: 'Autor, der; -s, ...oren' Und das heißt doch wohl, dass man 'Autors' oder 'Autoren' schreiben kann?" So was kriegt man dann zu hören. Und fühlt sich doppelt peinlich berührt, weil diese Autoren nicht nur ihre Berufsbezeichnung nicht richtig schreiben, sondern nicht mal den Duden benutzen können.
  Also: Im Duden stehen immer zwei Formen, zuerst der Genitiv (in dem Falle also "des Autors", und auch nicht "des Autoren", wie man mitunter ebenfalls liest) und dann der Plural ("die Autoren"). Und über den Dativ (denn das ist "dem Autor") sagen beide aufgeführte Formen nichts aus – allerdings kann man aus den aufgeführten Formen ableiten, ob ein Substantiv stark oder schwach dekliniert, und daraus wiederum lässt sich der Dativ eindeutig bestimmen.

Lustigerweise scheint sich gerade diese Schreibschwäche so weit verbreitet zu haben, dass die Duden-Redaktion inzwischen sogar den Akkusativ und den Dativ von "Autor" explizit aufgeführt hat, obwohl sich das eindeutig aus der Genitiv- und der Pluralform ableiten lässt ("dem/den Autor" kann jeder dort lesen, der den Eintrag bis zum Ende verfolgt). Was das wohl über die Sprachkenntnisse speziell dieser Berufsgruppe aussagt?
  Ich finde es jedenfalls paradox, dass gerade ein solcher Begriff, der ja eigentlich nur von einer schreibenden Sprachprofi-Zunft verwendet wird, eine Erklärung "für Dummies" im Duden hinzugefügt bekommen hat.