Donnerstag, 24. April 2008

Unterirdisch

Der ein oder andere mag sich vielleicht wundern, weshalb im April mein Blog halbwegs regelmäßig updated, obwohl ich mich offiziell für zwei Monate von allen sozialen Verpflichtungen abgemeldet habe. Andere wiederum wundern sich womöglich, warum die Inhalte des Blogs in den letzten Wochen so unterirdisch geworden sind.
  Nun, für beide Phänomene habe ich eine Erklärung, und es ist in beiden Fällen dieselbe. Im April habe ich mich wieder zu einer Atemwegskur in die Kluterthöhle in Ennepetal zurückgezogen. Wer mehr darüber wissen will, kann das mit Foto in einem der früheren Einträge nachschlagen - vor zwei, drei Jahren habe ich mich nämlich schon mal zu dieser meiner Fluchtmöglichkeit vor der Allergie geäußert.
  Wenn ich jeden Tag knapp vier Stunden in der Höhle sitze, kann ich dort eine Menge Dinge tun. Ich kann arbeiten, wenn auch nur eingeschränkt, weil ich natürlich keine Fläche habe, um eine ganze Batterie von Nachschlagewerken in Stellung zu bringen. Ich kann lesen, aber so toll ist das Licht nicht, und wenn ich was anderes zu tun habe, tue ich das auch. Hörspiele hören geht natürlich immer - aber vor allem kann ich auf dem Pocket-PC kleine Texte tippen, für die ich weder einen richtigen Laptop noch Nachschlagewerke brauche.
  Auf gut Deutsch: Die Höhle eignet sich hervorragend, um zwischendrin den einen oder anderen Blogeintrag zu tippen. Also konnte ich davon im April sogar einen kleinen (die Betonung liegt allerdings auf "klein") Vorrat anlegen, obwohl ich sonst kaum Zeit für irgendwas habe. Klar: Bis zum späten Nachmittag bin ich ja unterwegs, und wenn ich wiederkomme, muss ich bis spätnachts noch mein ganz normales Arbeitspensum ableisten - denn der Abgabetermin für meinen Roman ist der 12. Mai, und das muss durchgezogen werden. So entsteht die paradoxe Situation, dass ich eigentlich für nichts Zeit habe, aber das Blog trotzdem ganz gut versorgt wird.
  Und weil ich zuhause noch viele andere Dinge hätte, die mich ablenken können, geht es meinem Blog durch den Höhlenaufenthalt vermutlich sogar besser, als hätte ich derzeit "ungestörte" Arbeitsmöglichkeiten. Allerdings: Im Mai bin ich dann wieder an der Nordsee, und wie man weiß, sind das immer Zeiten, wo ich tatsächlich kaum online komme und die Updates hier wirklich stocken dürften.

Montag, 21. April 2008

Feuer und Wasser

Sonntagmorgen gab es hier in der Parallelstraße den größten Brand in der Geschichte unserer örtlichen Feuerwehr, mit insgesamt 300 Einsatzkräften aus Leichlingen und Umgebung. Die Lagerhalle einer Kartonfabrik brannte nieder, die Flammen müssen beeindruckend gewesen sein ... Und ich war nicht da. Nun ja, wenn ich an Rauchbelastung etc. denke, war das vielleicht auch besser so.
  Da der Wasserdruck zum Löschen nicht ausreichte, wurde die halbe Innenstadt gesperrt und Schläuche bis zur Wupper gelegt, um das Wasser direkt aus dem Fluss zu pumpen. Als ich am Abend eintraf, sah ich 500 Meter von der Brandstelle entfernt einen Haufen Feuerwehrleute, die ihre Ausrüstung eingepackt haben. Da aber weit und breit kein Einsatzort zu sehen war, dachte ich mir, es wäre eine Übung gewesen. Tatsächlich hat die Feuerwehr an diesem Wochenende 125-jähriges Bestehen gefeiert, wenn auch wohl ein wenig anders als geplant.
  Was tatsächlich passiert ist, habe ich dann erst zuhause erfahren. Und gesehen habe ich von dem Brand auch nur das, was jeder andere unter "Leichlingen" und "Brand" im Internet finden kann.


Allerdings war ich gerade rechtzeitig daheim, um die nächste Episode des Dramas mitzuerleben. Am späteren Abend nämlich fuhr ein Lautsprecherwagen herum und warnte davor, das Leitungswasser zu verwenden. Nur noch als "Brauchwasser" sollte es ... nun, eben "gebraucht" werden. Als "Brauchwasser" kenne ich das, was so in Zügen verwendet wird: Man kann sich damit waschen, aber es wird nicht zum Verzehr empfohlen.
  Allerdings war es diesmal noch ein wenig schlimmer. Um 2 Uhr nachts kam nämlich noch ein Feuerwehrmann herum, der Handzettel verteilte und jeden wissen ließ, dass man das Wasser eigentlich nur noch für die Toilettenspülung verwenden soll - auch vom Händewaschen oder Duschen wurde abgeraten. Angeblich war durch einen undichten Löschmittelbehälter die Löschschaum-Chemikalie in die Wasserleitungen geraten.
  Nun, das machte die Sache ein wenig kompliziert. Vor allem um 2 Uhr nachts. Fürs abendliche Waschen und Zähneputzen ließ sich Wasser um diese Zeit nur schwer auftreiben, und auch am nächsten Tag war es noch etwas lästig, aus den Trinkwasserflaschen vom Supermarkt zu leben.
  Heute Abend gab es dann jedenfalls Entwarnung - ob jemals wirklich eine nennenswerte Menge im Trinkwasser war, oder der Alarm nur vorsorglich so angesetzt wurde, weiß ich bis jetzt nicht. Zu sehen oder zu riechen war am Wasser jedenfalls nie etwas gewesen ... Und ich hoffe jetzt mal, dass, was immer da war, jetzt nicht in den Filtern der Hauswasseranlage hängt und uns irgendwann später serviert wird.

Mittwoch, 16. April 2008

Das Urheberrecht als Ausdruck eines gesellschaftlichen Autismus

Vor einiger Zeit lief eine interessante Dokumentation im Fernsehen, wo eine Betroffene folgenden bemerkenswerten Satz prägte: Es waren nicht die geselligen Typen am Lagerfeuer, die die erste Speerspitze erfunden haben, sondern der Autist, der einsam abseits saß.
  Ein guter Satz, den ich sogleich sehr sympathisch fand. Allerdings hatte diese Autistin ihre Erkenntnis nicht ganz zu Ende durchdacht. Denn was geschah mit der Speerspitze, nachdem der Autist sie erfunden hatte? Hat der Autist damit Jagd gemacht und wurde satt, reich und angesehen?
  Nein, natürlich nicht. Denn zur Jagd braucht man selbst mit der besten Speerspitze noch ein paar handfeste Kumpels, und das waren eben schon damals in der Steinzeit die geselligen Typen am Lagerfeuer, die lieber die Speerspitze mitgenommen haben als den Autisten. Und so haben schließlich die »Normalos« die Erfindung des bedauernswerten Autisten benutzt. Natürlich ohne Lizenzgebühren zu bezahlen, weshalb der autistische Erfinder letztendlich in Armut verstarb.
  So war es in der Steinzeit, und so blieb es lange danach.


Manch einer mag jetzt den Kopf schütteln und sagen: „Na und? Die paar Autisten können ja keine so große Rolle in der Menschheitsgeschichte gespielt haben.“ Nun, der Betreffende hat womöglich zu viel „Rainman“ geschaut und ein etwas eingeschränktes Bild vom breiten Spektrum „autistischer Störungen“. Denn dieses Problem betrifft nicht nur eine schwerbehinderte Minderheit, sondern zieht sich graduell in unterschiedlichen Ausprägungen durch die gesamte Gesellschaft, sprich: Es gibt viel mehr „Autisten“, als mancher glaubt.
  Neben den Menschen, die gemeinhin als Autisten bezeichnet werden und unter einer ebenso schweren wie unübersehbaren Störung leiden, gibt es einen größeren Personenkreis, der in leichterer Form an Teilaspekten dieser „Störung“ leidet. Erst die moderne Neurologie mit ihrer Möglichkeit, Gehirnaktivitäten zu messen, konnte feststellen, dass die damit verbundenen Verhaltensweisen tatsächlich auf „autistische“ Verarbeitungsmuster im Gehirn zurückzuführen sind. Der Sachverhalt an sich war allerdings schon lange bekannt: Früher bezeichnete man es bloß nicht als „autistische Störung“, sondern hatte andere Bezeichnungen für so was - „Spleen“, „sonderbar“, im angelsächsischen Raum „Geek Syndrome“ ... oder hier in Deutschland auch den „zerstreuten Professor“.
  Und damit wären wir wieder bei den Autisten, die die Speerspitzen erfinden. Auch heute noch. Denn diese autistischen Störungen im Mittelfeld - noch nicht wirklich behindernd, aber auch nicht normal - führen dazu, dass sonst mit sozialen Belangen beschäftigte Hirnregionen zusätzliche Kapazitäten für andere Dinge zur Verfügung stellen; und zwar wirklich für „Dinge“, denn die Betroffenen beschäftigen sich naturgemäß lieber mit Sachen oder theoretischen Themen als mit Menschen, weil sie damit eben besser zurechtkommen.
  Und so stellen nicht etwa die wenigen „schweren“ Autisten, sondern vielmehr ein breites Heer „leichter“ Autisten regelmäßig die Personen, die in der Wissenschaft versinken und neue Entdeckungen machen, die tüfteln und werkeln und basteln und dabei großartige ... Dinge erschaffen, während die Masse der Normalos auch heute noch am Lagerfeuer sitzt und über Beziehungen, Statussymbole oder sonstigen undurchschaubaren Krams plaudert.


Das schien lange gut zu funktionieren: Diese „Autisten“ schaffen „Werke“, während die Normalos „Netzwerke“ erschaffen, in denen sie dann die von den Autisten geschaffenen Dinge ausnutzen. Aber natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die erfinderischen Autisten auch dafür das geeignete Werkzeug fanden. Und diese neue Speerspitze der erfinderischen Autisten ist das Urheberrecht - eine Waffe, um gezielt ihr (geistiges) Eigentum zu schützen!
  Nur leider ging es mit dieser Erfindung wie mit allem, was die Autisten bisher geschaffen haben: Die geselligen Normalos am Lagerfeuer drehten sich um, sagten: „Oh, das ist aber ein nützliches Ding.“ Rasch bildeten sie „Verwerter“-Netzwerke, die die Urheberrechts-Speerspitze viel besser einsetzen konnten als der autistische „Urheber“, und sorgten dafür, dass der Ertrag wiederum bei ihnen landete.
  Na ja, immerhin zahlen sie dafür wenigstens Lizenzgebühren, was ein deutlicher Fortschritt gegenüber den letzten Jahrtausenden ist.


Und, psst, nicht weitersagen: Diese neue Speerspitze der Autisten war vergiftet. Denn so dumm sind die ewigen Erfinder der Menschheit auch nicht: Ein rein gedankliches Konstrukt wie das Urheberrecht kann nur dann funktionieren, wenn die Gesellschaft selbst immer autistischer funktioniert, sprich: geregelter, dinglicher, funktionaler. Wenn es also "normal" wird, etwas als "Sache" anzusehen, was eigentlich gar keine Sache ist. Und so schaffen die Autisten es vielleicht wieder nicht, endlich mal den Löwenanteil an ihrer Entdeckung abzukriegen - aber zumindest sitzen sie nun am Lagerfeuer, und nicht mehr am Rand.

Sonntag, 13. April 2008

Länger und dicker ist besser

Wenn ich in mein Blog schaue, bin ich ein wenig entsetzt von den Lücken, die sich immer wieder mal unvermutet auftun und den Leser womöglich straucheln lassen. Ehe ich mich's versehe, ist wieder eine Woche vorbei, oder mehr, und der fest vorgenommene Blogeintrag überfällig.
  Das liegt natürlich an der Zeit: Wenn ich viel anderes um die Ohren habe, leidet das Blog. Und in letzter Zeit habe ich oft viel zu tun. Aber vermutlich wäre hier trotzdem mehr von mir zu lesen, wenn ich mich kürzer fassen könnte. Aber kürzer fassen ist meine Sache nicht, und weil ich deshalb auch meine Blogbeiträge nicht mal eben in fünf Minuten nebenbei verfassen kann, dauert es oft länger.


Kurz fassen ist auch sonst nicht mein Ding, und so habe ich auch bei meinem aktuellen Roman irgendwann die Notbremse ziehen müssen, als er das avisierte Seitenmaß zu überschreiten drohte. Grummelnd zog ich also die Zügel an, überlegte mir, wo ich kürzen kann ... Und erwähnte das zufällig bei einem Gespräch mit dem Lektor. Zu meiner Überraschung bekam ich zu hören: "Der Roman kann ruhig was länger werden. Dicker ist sogar noch besser!"
  Ja holla! So was hört man gern. Nur leider viel zu selten. Das letzte Mal, dass eine Lektorin mir ein vergleichbares Angebot machte, war bei der Übersetzung eines historischen Romans. Da gab es ein paar Probleme mit historischen Ungenauigkeiten im Original, und die Lektorin meinte daraufhin, ich dürfte ruhig alles anmerken, was mir an Fehlern auffällt, und was man nicht stillschweigend in der Übersetzung berichtigen kann, würde sie dann mit der Autorin klären.
  Ich seufzte glücklich und drückte mir eine Freudenträne aus dem Auge, denn so eine Gelegenheit hatte sich mir schon seit meinem Geschichtsstudium nicht mehr geboten. Das Ergebnis waren etwa 90 Fußnoten in der Übersetzung, und das Fazit der Lektorin: "Das war ja doch ziemlich viel."
  Das Problem bei solchen Freibriefen ist, dass sie meist nur im Übermut gewährt und selten wiederholt werden.


Auch bei meinem Roman war irgendwann die Grenze erreicht, bei der es hieß, ich solle jetzt die Seitenzahl doch lieber "halten". Noch dicker war anscheinend nicht noch besser. Na, schade, aber alles Gute muss mal ein Ende haben. Ich sehe also zu, dass ich auch nach dem Überarbeiten mit den gegenwärtigen ca. 650 Seiten auskomme. Genau genommen ist das gar nicht mehr so schwer, weil das jetzt so ziemlich genau die Länge ist, die das Buch auch haben will.
 Und mein Blog bleibt dann eben der letzte Bereich, wo ich ohne Mengenbeschränkung schreiben darf.

Mittwoch, 2. April 2008

Löffelei mit dem Löffel-Ei

Ein wenig spät, um jetzt noch mit einem Oster-Thema zu kommen. Aber das Blog hinkt eh etwas zurück, und so gibt es wenigstens ein Happy End zu der Geschichte. Doch dazu später mehr ...


Jedenfalls will ich heute von den Löffel-Eiern erzählen, die Milka seit einigen Jahren regelmäßig zu Ostern anbietet. Wer sie nicht kennt: Das sind Schoko-Eier, die mit einer Milchcreme gefüllt sind. Sie werden mit einem kleinen Plastiklöffel ausgeliefert, mit denen sich die Creme wie ein richtiges Ei auslöffeln lässt. Albern. Aber die Dinger sind saulecker! Seit ich sie entdeckt habe, gehören sie zu jedem Osterfest dazu.
  Am Anfang war die Welt somit in Ordnung. In jeder Packung mit vier Löffeleiern gab es zwei Sorten: Zwei Eier waren mit weißer Milchcreme gefüllt, die beiden anderen mit Schokocreme. Doch vor zwei Jahren begann der schleichende Niedergang des Produkts. Die Schokocreme fehlte.
  Als wir die erste Packung mit vier weiß gefüllten Eiern bekamen, glaubten wir noch an ein Versehen, einen Fehler bei der Befüllung. Doch die Schokocreme blieb verschwunden. Ein empfindlicher Verlust an Vielfalt beim Löffeln. Und dann, im letzten Jahr, der nächste Schock: Es gab ein hohles Ei in der Packung, eines ganz ohne Füllung, weder Milch- noch Schokocreme. Das war dann nicht nur ein Verlust an Vielfalt beim Löffeln, sondern zu löffeln gab's da gar nix mehr!
  Da glaubte ich noch an ein Versehen, einen Fehler bei der Befüllung, jedoch ... das konnte ich nicht mehr überprüfen. Denn das hohle Ei war in der letzten Packung des letzten Jahres, und in diesem Jahr setzte sich der Schwund bei dem Produkt so weit fort, dass es ganz verschwand. In ganz Leichlingen habe ich diese Ostern kein Löffelei gefunden.
  Wenigstens ein sanfter Abschied, könnte man sagen ... Trotzdem war ich so sauer, dass ich in diesem Jahr gar keine Ostersachen gekauft habe. So was halte ich immer für ein probates Mittel, um den Handel darauf hinzuweisen, dass er nicht das anbietet, was ich haben will.


Doch nun zum Happy End: Wir hatten uns also damit abgefunden, dass es keine Löffeleier mehr gibt. Und dass ich nie wieder Ostersüßigkeiten kaufen kann (Okay, ja - ich weiß: Ich bin etwas radikal in diesen Dingen). Aber zwei Tage nach Ostern kam eine Werbemail von einem Süßwarenversand. Und darin angeboten wurden - Löffeleier zum halben Preis; Restbestände von Ostern.
  Anscheinend also gab es sehr wohl noch Löffeleier. Nur eben nicht bei den üblichen Läden in meinem Heimatort. Und es wundert mich ehrlich gesagt auch nicht, dass sie Restbestände zum halben Preis verkaufen müssen, wenn die Firma zu Ostern "schwer zu kriegen" spielt.
  Und das war dann das Happy End der Geschichte: eine fette, nachträgliche Osterbestellung beim Versandhandel, die heute angekommen ist. Hmmm ...