Natürlich hätte ich einen Reihentitel abgeben können, aber wer macht das schon gerne? Zum einen hat man »seine« Reihen ja durchaus lieb gewonnen, zum anderen hat man auch schon oft gesehen, dass jeder Übersetzer so seine eigenen Vorlieben hat und das man sich vermutlich über das ärgern wird, was der Kolle mit »der eigenen« Reihe so anstellt ...
Also heißt es Zähne zusammenbeißen, Urlaub streichen und ran an die Tastatur. Und bis nächsten März bin ich gut beschäftigt. Und der Abgabetermin für den ersten Titel war letzte Woche, weshalb es in den Tagen davor ein wenig hektisch zuging.
Zum Glück wissen aber auch die Lektoren im Verlag, dass ich eine Menge zu tun habe. Also bekam ich, netterweise, diesmal zu den offiziellen Abgabeterminen auch inoffizielle genannt. Zumindest zu den beiden letzten Titeln. Da habe ich für die Abgabe nun ca. +/- einen Monat mehr Zeit, als offiziell im Vertrag steht.
Aber wie das so ist: Wenn man jemandem den kleinen Finger reicht ... Also, ich habe dadurch erfahren, dass die Termine in den Verträgen durchaus einen Spielraum lassen, dass es also noch einen »Termin nach dem Termin« gibt. Und so dachte ich mir, das lässt sich vielleicht für die Planung aller drei Titel nutzen.
Ich habe daher auch nach dem inoffiziellen Termin für den ersten Roman gefragt. Auch wenn der an sich nicht zeitkritisch war, hätte es mir eine Verschiebung doch erlaubt, die Arbeit etwas besser einzuteilen, den Rohtext erst mal liegen zu lassen, andere Projekte vorzuziehen und mit ein wenig Abstand den Text gründlicher zu überarbeiten.
Langer Rede kurzer Sinn: Es gab einen solchen Termin tatsächlich, und so bekam ich ein wenig zusätzliche Zeit auch für das erste Buch – und das tat der Übersetzung sicher gut.
Die »Woche nach der Buchmesse« war also schon ein Termin »nach Verlängerung«, und da war ich natürlich besonders fest entschlossen, diesen Termin zumindest eisern einzuhalten. Ich dachte mir ja nach dieser Verlängerung wunders, wie drängend dann der Drucktermin sein muss. Und Termine sind mir im Grunde ohnehin heilig: Da ich selbst auch als Lektor arbeite, weiß ich, wie es hektisch es werden kann, wenn der Übersetzer zu lange überzieht und der letzte Bearbeiter den Zeitverlust ausgleichen muss.
Ich habe also richtig reingeklotzt, war pünktlich fertig – und plötzlich war niemand zu sehen, der die Übersetzung haben wollte. Die zuständige Bearbeiterin war noch anderweitig beschäftigt, der Lektor im Verlag sah alles ganz gelassen und freute sich auf seinen Urlaub. Und sein Vertreter leitete mir die Information weiter, dass der endgültige Termin für den Satz erst kurz vor Weihnachten liegt. Und anderthalb Monate sind tatsächlich noch eine großzügige Zeit für ein Lektorat. Es besteht also tatsächlich kein Grund zur Hektik.
So viel also zu meinem Terminstress in den letzten Wochen. Und den ungewöhnlichen Abschluss des Ganzen, der mich mit zwei Gedanken zurücklässt:
Zum einen, wenn der endgültige, eilige und inoffizielle Abgabetermin dem Lektor noch sieben Wochen Zeit für seine Arbeit lässt – um wie viel müssen dann die Übersetzer überzogen haben, die mir als Bearbeiter nur noch ein bis zwei Wochen Zeit übrig ließen?
Und der zweite, wichtigere, noch näher liegende Gedanke: Nachdem ich nun erfahren habe, dass es nach dem zweiten, inoffiziellen und verlängerten Abgabetermin noch einen dritten, endgültigen und eiligen Abgabetermin gibt, da frage ich mich für meine beiden noch ausstehenden Übersetzungen doch ... Aber nein, pfui, böser Gedanke. Mit so was wollen wir hier gar nicht erst anfangen!