Freitag, 14. Oktober 2005

Träume sind auch nicht mehr, was sie mal waren ...

Letzte Nacht hatte ich einen Traum: Ich tauchte in teilweise überfluteten Gewölben und stieß dort auf einen riesigen Goldschatz. Das klingt schon wie die Träume meiner Jugend: Eine spannende Abenteuergeschichte, stimmungsvoll, ein wenig düster, bedrohlich, geheimnisvoll ... und wer sich nun fragt, was daran bedrohlich sein sollte, der hätte mal die Gewölbe sehen sollen; und »geheimnisvoll« waren die Formen des Goldes.
  Nun, sei's drum.
  Viel wichtiger war, wie der Traum dann weiterging. Er war mit dem Fund des Schatzes nämlich noch nicht vorüber, sondern fing danach erst richtig an; und diesmal ging es um ganz andere Probleme: Als ich den Schatz nämlich veräußern wollte, da stieß ich auf betrügerische Händler, die mich übers Ohr hauen wollten; das Finanzamt meldete seine Rechte an; außerdem sämtliche Grundbesitzer, unter deren Land ich den Schatz gefunden hatte, oder deren Land ich auf dem Weg dorthin berührt habe.
  Und mindestens drei Viertel des Traumes brachte ich also damit zu, gegen kaufmännische und rechtliche Fährnisse zu kämpfen – mit all den Dingen also, die in richtigen Abenteuergeschichten zu Recht nicht erwähnt werden. Dabei reichten diese drei Viertel des Traumes noch nicht mal aus, um die unausgewogene Geschichte zum Abschluss zu bringen: Als ich endlich aufwachte, waren diese Probleme immer noch nicht gelöst und ich wusste immer noch nicht, wie viel von dem Schatz mir letztlich bleibt.


Zugegeben, Verhandlungen mit Kaufinteressenten aus aller Herren Länder können auch ganz interessant sein; ebenso wie der schwierige Umgang mit divergierenden Gutachten zum Wert des Schatzes; zum Gewicht des Goldes sowie zur historischen Einordnung. Das Studium rechtlicher Vorschriften zur Fundverteilung und zur Besteuerung ... Nur: Das war es eigentlich nicht, was der Traum am Anfang vermuten ließ.
  Und das sind auch nicht die Geschichten, die ich gemeinhin lese, schreibe – oder träumen will.


Ich bin verunsichert. Was ist nur geschehen? Träume ich jetzt Abenteuergeschichten für Betriebswirte und Rechtsanwälte? Eine Alterserscheinung? Der Zeitgeist schlägt zurück?
  Hilfe!
  Und was am schlimmsten ist: Wie konnte ich nur ausgerechnet während der Verhandlungen mit diesen arabischen Investoren (also auch noch billige Klischees – da muss sich irgendwo auch ein Controller in den Traum geschlichen haben!) aufwachen – das waren doch bisher die vielversprechendsten Interessenten für das Gold. Und das kurz vor dem Abschluss! So ein Mist. Was mir da alles entgangen ist ...
  Tja, Träume sind halt auch nicht mehr das, was sie vor 20 Jahren noch waren ...

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