Mittwoch, 31. Januar 2007

Die Engländer machen mal wieder Terror

Dieser Tage konnte man in der Zeitung erneut von einem Anschlag lesen, den die englische Polizei verhindert hat. Nun, vielleicht war es wirklich so.
  Als Erstes musste ich bei diesen Schlagzeilen allerdings an die "Flugzeugattentate mit Flüssigsprengstoff" denken, die zuletzt von den englischen Sicherheitsbehörden vereitelt wurden. Schon kurz darauf meldeten sich Chemiker zu Wort, die die angeblichen Attentatspläne als schwachsinnig entlarvten – oder allenfalls als das Werk von Schwachsinnigen.
  Denn es reicht offenbar nicht, zwei harmlose Flüssigkeiten in ein Flugzeug zu bringen, um eine Bombe zu haben. Allein der Transport der benötigten Substanzen ist so aufwendig, dass er wenig Aussicht auf Erfolg verspricht und kaum ein Sicherheitsbeamter die nötigen Laborcontainer mit Getränke- oder Duschgelflaschen verwechseln könnte. Und das »Zusammenkippen« im Flugzeug erfordert sodann die Einrichtung eines Labors in der Bordtoilette, die auch kaum unbemerkt bleiben dürfte.
  Entweder also waren die damals festgenommenen »Terroristen« ziemlich naiv – oder die Öffentlichkeit, die sich von den Sicherheitsbehörden eine solche Räuberpistole auftischen ließ. Und da sämtliche unter großem Presserummel verhafteten "Verdächtigen" später sang- und klanglos wieder auf freien Fuß gesetzt wurden, war wohl eher Letzteres der Fall. Denn wenn tatsächlich jemand versucht hätte, Sprengstoff in ein Flugzeug zu schmuggeln, hätte das allein wohl für eine Anklage ausreichen sollen.


Was also geblieben ist, sind die neuen, EU-weit verschärften Sicherheitsbestimmungen für Flugreisen: Schikanen für Flugreisende, die allein auf Panikmache ohne Substanz beruhen, Reaktion auf eine im Nachhinein widerlegte Geschichte, deren schlimmste Folge eben jene Flugverkehrsbehinderungen sind. Nun ja, der technische Fortschritt bleibt nicht stehen. Vielleicht wird irgendwann ja auch mal die Bedrohung entwickelt, die zu den Sicherheitsmaßnahmen passt ...
  Es gibt ja den Spruch, wenn man wissen will, wer für etwas verantwortlich ist, soll man darauf schauen, wer davon profitiert. Das sind in dem Fall eindeutig die Fluggesellschaften und die Händler am Flughafen, die nun ihre teuren Getränke besser verkaufen können. Allerdings ist das eine zweischneidige Angelegenheit, denn wenn der Flugverkehr umständlicher wird, stellt das zugleich auch ein Risiko für die Geschäftsteilnehmer da. Und es ist schon sehr unwahrscheinlich, dass Geschäftsleute, die vom Flugverkehr leben, die Angst vor eben diesem anheizen. Genauso unglaubwürdig mutet es auch an, dass staatliche Sicherheitsbehörden solche Panik schüren, nur um ein paar zusätzliche Shopeinnahmen am Airport zu ermöglichen.
  Da ist ein wenig Panikmache aus Eigennutz schon wahrscheinlicher. Denn bedenklich finde ich es schon, dass diejenigen, die umso mehr Geld bekommen, je mehr Terrorismus zu bekämpfen sind, auch diejenigen sind, die feststellen dürfen, wie viel Terrorismus nun wirklich vorhanden ist. Und nachzuvollziehen ist es auch – die Sicherheitsbehörden in England stehen unter dem Druck einer potenziell realen Bedrohung und müssen etwas vorweisen können; und die Regierung steht unter dem Druck, einen Krieg zu rechtfertigen oder davon abzulenken. Und wenn man dann glaubt, den Zipfel von etwas zu fassen bekommen zu haben, steigert man sich schon mal gerne so richtig rein.


Nur, eines ist sicher: Auch wenn es diesmal so aussieht, als würden die Fahndungsergebnisse für eine Anklageerhebung ausreichen, glaube ich vorläufig nichts mehr von dem Info-Terror, der aus England herüberschwappt. Meinem Empfinden nach sind das Ergebnisse, die am Rande der Hysterie erarbeitet wurden – und die ich gerne erst von dritter Seite bestätigt haben möchte. Beispielsweise durch ein Gerichtsurteil.
  Und ich hoffe auch, dass die Politik sich in Zukunft nicht so leicht von dieser Hysterie anstecken lässt und uns vor weiteren Schnellschüssen verschont, an deren Treffern der normale Bürger auch dann noch zu laborieren hat, wenn die Feuerleitstelle längst schon gemeldet hat: »Sorry, da war doch nichts.

Dienstag, 23. Januar 2007

Aua!

Es gibt Dinge, die sind, wenn man sie erlebt, lustiger als man sie erzählen kann. Situationskomik eben. Das Folgende gehört vermutlich dazu – trotzdem will ich mich mal daran versuchen.
  Da begab es sich nämlich beim letzten Karatetraining, dass der Trainer etwas für die »Abhärtung der Hände« tun wollte. Wir sollten uns etwa einen Schritt vor die Wand stellen und dann nach vorne fallen lassen – und zwar so, dass wir uns mit den Fäusten an der Holzwand wieder abfangen. Dabei kann man gleich die Haltung im Handgelenk trainieren und den richtigen »Auftreffpunkt«, nämlich im Bereich der Knöchel an Zeige- und Mittelfinger.
  Wir fingen also an, und es war ein leises »Pock« zu hören.
  Damit war der Trainer wohl nicht zufrieden, denn es klang schon sehr zaghaft. Wenn man richtig die Fäuste gegen die Holzwand knallen lässt, kann man schon etwas mehr erwarten.
  »Ich will was hören!«, rief er also.
  Man hörte beim nächsten Durchgang ein etwas lauteres »Pock« - und ein sehr lautes »Aua« von links.
  Der Trainer blickte sich irritiert um: »Das war es eigentlich nicht, was ich hören wollte.«
  Aber irgendwie war das »Aua« doch eine sehr passende Antwort auf die vorherige Aufforderung ;-)

Mittwoch, 17. Januar 2007

Der Spinnenführerschein

Den Führerschein fürs Auto gibt's schon länger, den Mofa-Führerschein noch nicht ganz so lange; der Computerführerschein wird jedem empfohlen, und über den Führerschein für Hundebesitzer wird schon eine Weile diskutiert. Zuletzt wurde sogar erwogen, dass alle Eltern erst mal den Kinder-Führerschein machen müssen, bevor sie ihr eigenes Kind erziehen dürfen.
  Also, ich finde diesen Trend gut. Und ich finde, es gibt noch viel zu viele Dinge, an die sich die Leute derzeit noch ungeschickt und unausgebildet heranwagen dürfen – ich fordere daher: Mehr Führerscheinpflichten für Deutschland!
  Und zuallererst denke ich dabei an den „Spinnenführerschein“.


Allzu oft musste ich in der Vergangenheit erleben, wie viele Menschen Spinnen in ihrer Wohnung haben, und trotzdem durch fehlende Sachkenntnis und schlechte Behandlung großen Schaden anrichten. Zu Dutzenden landen Spinnen im Staubsauger, werden zertreten, den Abfluss hinuntergespült oder sonstwie wenig artgerecht behandelt. Der Spinnenführerschein könnte Abhilfe schaffen, indem nämlich jeder, der Spinnen in seiner Wohnung hat, auch einen Nachweis seiner Sachkunde erbringen muss.
  Und dieser neue Führerschein hätte nicht nur den Effekt, die Mitbürger noch mehr zu gängeln und zu schikanieren ... pardon, wollte sagen: Die Lage der Spinnen in Privathaushalten entscheidend zu verbessern und die Menschen zum verantwortungsvollen, sachgerechten Umgang mit der Mitkreatur anzuhalten. Nein, ich verspreche mir davon auch entscheidende Einnahmen für die darbende Staatskasse! Zunächst einmal wären da natürlich die Gebühren für die Erstellung dieses amtlichen Formulars. Aber wenn man dann eine „Spinnenstreife“ ausschickt, käme sicher noch ein erkleckliches Sümmchen an Bußgeldern zusammen. Ich stelle mir den Besuch des Kontrolleurs dann in etwa so vor:


„Guten Tag her Müller. Sie wissen ja, dass man nach dem neuen Gesetz §§x y/z§§ nur Spinnen in seiner Wohnung halten darf, wenn man im Besitz des gültigen Zertifikats zum Nachweis der Sachkunde im Umgang mit arachniden Mitbewohnern, vulgo 'Spinnenführerschein', ist. Haben Sie ... wie, sie haben keinen Spinnenführerschein? Und sie halten auch keine Spinnen in ihrer Wohnung? Wenn ich das bitte überprüfen dürfte ...
  Kroskroskrams...
  Ah, was haben wir denn da! Eine Hauswinkelspinne – und das hinter ihrem Schrank! Ich stelle also fest, dass sie ohne gültigen Führerschein eine Spinne in ihrer Wohnung halten. Weil sie diese Spinne hinter ihrem Schrank versteckt haben, muss ich kriminelle Energie und böse Absicht unterstellen. Das verdoppelt natürlich das Bußgeld. Hinzu kommt eine einjährige Sperrfrist für den Spinnenführerschein, und dass sie nicht auf die Idee kommen, in dieser Zeit wieder eine Spinne zu halten! Ich komme nachprüfen!“


Man sieht, der Spinnenführerschein ist gut für die Spinnen und eröffnet ein schier unerschöpfliches Labsal für den Staatshaushalt. Warum wurde er noch nicht eingeführt?

Mittwoch, 10. Januar 2007

Macht mal langsam schneller

Den heutigen Eintrag möchte ich einem Urteil des BGH widmen. Der hat nämlich jetzt entschieden, dass Kommunen entschädigungspflichtig sind, wenn eine Grundbucheintragung zu lange dauert. Ein bemerkenswertes Urteil – bemerkenswert vor allem dann, wenn man auf die Daten blickt: Der Fall war von 1998, die Gerichtsentscheidung 2007. Da musste ich dann ein wenig schmunzeln. Was passiert nun, wenn die Betroffenen auch für die 9 Jahre Rechtsweg noch eine Entschädigung verlangen?
  Im Grunde ist diese Entscheidung also eine Skurrilität in sich, und man fragt sich, ob sie das Problem langsam arbeitender Behörden lösen soll, oder nicht doch eher nur illustrieren.

Freitag, 5. Januar 2007

Bewerberüberhang

Viele Firmen sehen ihr Heil in einem möglichst großen Bewerberüberhang: Die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt macht es möglich, Löhne zu drücken und verschafft zudem eine große Auswahl an Bewerbern, unter denen man den besten aussuchen kann.
  Außerdem glauben die meisten Unternehmen, dass eine große Mobilität der Arbeitskräfte nützlich für sie ist. Denn wenn Arbeitnehmer sich nicht nur vor Ort bewerben, sondern überall im Bundesgebiet, wo gerade eine Stelle angeboten wird, dann können die Firmen sich für jede Stelle den besten Bewerber aus ganz Deutschland aussuchen.
  So stellt sich also die Unternehmerseite oft genug den optimalen Arbeitsmarkt vor.
  Aber ist das wirklich so?


Einfache Mathematik macht deutlich, dass ein allzu großer Bewerberüberhang zwangsläufig gerade die Sekundärtugenden ausselektiert, auf die Unternehmen so viel Wert legen. Denn wenn 100 Bewerber auf eine Stelle kommen, bedeutet dies automatisch und zwangsläufig auch, dass ein Bewerber 100 Bewerbungen und mehr schreiben muss, ehe er wieder einen Job hat.
  Bei diesem Umfang ist es unmöglich, dass der Bewerber sich wirklich noch gründlich über das Unternehmen informiert oder irgendeine persönliche Beziehung zu dem Unternehmen hat, bei dem er sich bewirbt. Aber genau das muss er in seinen Bewerbungen zeigen. Und so wird systematisch die Bewerberlüge in das System gezüchtet.
  Wenn nun aber die Unehrlichkeit in Bewerbungen systemimmanent gefördert  wird, führt das im zweiten Schritt dazu, dass eine überzeugend wirkende Unehrlichkeit zunehmend zum positiven, wenn auch unerwünschten Selektionskriterium für Arbeitnehmer wird – und somit erhalten die besten Blender zunehmend die besten Chancen. Stellenrelevante Qualitäten werden dadurch vernebelt, und die angebliche Auswahl wird für Unternehmen zur Farce.


Nun wird auch noch von einer anderen Seite her der Druck auf potenzielle Arbeitnehmer verstärkt: Die Umgestaltung des sozialen Systems soll zunehmend auch Arbeitsunwillige dazu zwingen, sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen – und diese Bemühungen sollen auch noch auf eine Weise vonstatten gehen, die ernsthaft wirkt. Was in der Praxis bedeutet: Wer tatsächlich arbeitsunwillig ist, muss das in seinen Bewerbungen nach Kräften verschleiern.
  Wenn man nun aber Tausende von Bewerbern dazu zwingt, sich auf eine Stelle zu bewerben, die sie gar nicht wollen, dann müssen die Personalchefs auch unter tausend Lügnern und Betrügern den geeigneten Kandidaten herausfinden. Die Firmen wählen zunehmend unter Bewerbern, die sich nur widerwillig bewerben und dazu gezwungen werden, diesen Widerwillen durch möglichst überzeugende Heuchelei zu vertuschen. Wahrscheinlich findet man eher eine gute Arbeitskraft, wenn man nur unter wenigen zu wählen hat, dafür aber nur unter den hochmotivierten und perfekt für die Stelle passenden Bewerbern.
  Fazit: Ein allzu großer Bewerberüberhang und behördlicher Druck auf Arbeitssuchende schadet der Wirtschaft letztendlich. Diese Faktoren erhöhen die nichtproduktiven Kosten der Unternehmen und steigern auch die Wahrscheinlichkeit, dass Stellen fehlbesetzt werden – was immer ein besonders kostspieliger Fehler ist.


Das stimmt natürlich nicht immer und in jeder Konstellation. Arbeitskräftemangel erzeugt Kosten für die Wirtschaft und Verluste durch nicht zu besetzende Stellen – und ein gewisser Bewerberüberhang hat tatsächlich kostendämpfende Wirkung und ist zudem absolut notwendig, um zeitliche und räumliche Ungleichgewichte statistisch ausgleichen zu können.
  Aber: Es gibt eine Grenze, ab der dieses für die Wirtschaft optimale Verhältnis kippt und unerwünschte Nebenwirkungen anfangen, von ganz unerwarteten Seiten her die positiven Effekte scheinbar günstiger Verhältnisse aufzuzehren. Auch hier bewahrheitet sich mal wieder der schon früher im Blog angebrachte Spruch: Wer zu gierig ist, geht am Ende leer aus.
  Nur, wenn die Wirtschaft am Ende nicht die richtigen Arbeitskräfte kriegt, leiden nicht die Unternehmen, sondern die Gesellschaft insgesamt.