Dienstag, 6. September 2005

Bahnfahren und andere schöne Dinge

So, in den letzten Tagen ist wenig von mir gekommen. Das lag daran, dass ich selbst auch zu wenig gekommen bin und viel außer Haus war. Also ist in nächster Zeit »nacharbeiten« angesagt. Und hier der Anfang:


Letzte Woche war ich zu Besuch bei meinen Eltern in Bayern, und über die Bahnfahrt könnte ich eine Menge erzählen. Ich könnte beispielsweise erzählen, wie auf der Hinfahrt im ersten Nahverkehrszug ein penetranter Brandgeruch aus dem Verbindungsstück zwischen zwei Waggons zog. Nicht unbedingt beunruhigend im Sinne von »hier brennt's«, sondern einfach nur stechend und unangenehm – der typische Geruch von schleifendem Metall, von Bremsen beispielsweise. Da fühlte man sich im Nichtraucherabteil gleich wie zu Besuch in der Stahlfabrik. Vor der Erfindung von Filteranlagen ...
  Ich könnte davon erzählen, wie auf meinem Bahnsteig in Köln Hbf nur im Raucherbereich Bänke angebracht waren. Wohlgemerkt, auf diesem Bahnsteig – auf dem Bahnsteig beispielsweise, auf dem ich ankam, waren die Bänke gleichmäßiger verteilt, wie um zu zeigen, dass es ginge, wenn die Bahn wollte. Aber auf dem Bahnsteig für den Fernverkehr blieb Fahrgästen nur die Wahl, entweder das Rauchen anzufangen oder zu stehen. Soll das etwa der Beitrag der Bahn zum Rentenproblem sein, dass man so beispielsweise jeden alten Menschen, der nicht mehr so gut zu Fuß ist, automatisch in die Lungenkrebs-Ecke drängt?
  Und ich könnte davon erzählen, wie ich bei der Rückfahrt in einem Nahverkehrszug saß, der die Probleme mit offen stehenden Türen auf sehr eigene Art löste. Vielleicht kennt sonst noch jemand diese Zwischentüren: Sie lassen sich ganz normal aufschieben, gehen aber nach einer gewissen, nicht eindeutig festgelegten Zeit wieder zu. Und sie gehen zu – egal, wer oder was noch dazwischen steht!
  Manchmal gehen sie auch schon wieder zu, bevor sie noch ganz geöffnet sind, und häufig sah man verzweifelte Fahrgäste, die aussteigen wollten und mit der einen Hand den Koffer balancierten, während sie mit der anderen verzweifelt an der Tür ruckelten und zerrten. Da wundert man sich nicht, dass man besagte Türen etwa in der Hälfte aller Fälle defekt und halb aus der Führungsschiene gerissen vorfindet – ich muss sagen, wäre ich ein 120-Kilo-Typ und würde die Tür mit mir das machen, was sie mit mir bei dieser Fahrt gemacht hat, hinge sie anschließend auch halb aus der Führungsschiene gerissen da. Und wenn so eine Tür mal ein paar Fahrten mitmacht, kommt irgendwann auch unweigerlich mal ein 120-Kilo-Typ vorbei ...
  Wenn mehrere Leute beim Einsteigen durch diese Tür wollten und sie ausnahmsweise mal perfekt funktionierte, bedeutete das auch nur, dass sie spätestens beim dritten Fahrgast wieder zuging. Krach-Peng! Natürlich auch, wenn der Fahrgast gerade dazwischen steht und nicht weitergehen kann, weil sich eine Schlange gebildet hatte.
  Diesmal ging dabei alles gut – in den 15 Minuten, die ich im Zug saß, kamen nur Fahrgäste, die jung und gesund waren, aber nicht zu jung. Bei früheren Fahrten habe ich allerdings auch schon erlebt, wie ein kleines Kind von einer solchen Tür »zusammengeschlagen« wurde und danach heulend bei der Mutter im Arm hing; und zweimal hat es ältere Leute erwischt, denen ein Bein eingeklemmt wurde oder die einen kräftigen Stoß gegen die Schulter erhielten, weil sie sich nach Meinung der Tür nicht so zügig bewegten, wie es Fahrgäste der Deutschen Bahn tun sollten ...
  Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Türen nicht irgendwann mal einen gebrechlichen Fahrgast ernsthaft verletzen oder das schon getan haben. Ich kann Betroffenen jedenfalls gerne bestätigen, dass das Problem bei den Türen schon länger besteht, dass es mehrfach Schaffnern gegenüber zur Sprache gebracht wurde und die Bahn es offenbar bewusst nicht für nötig hält, diese Fallbeile in ihren Zügen zu entschärfen.


Wie gesagt, das alles könnte ich erzählen. Aber nachdem ich schon in Bezug auf meine Reise nach Berlin einige despektierliche Anmerkungen fallen ließ, könnte dadurch der Eindruck entstehen, ich würde mich auf die Bahn einschießen. Das ist natürlich nicht der Fall. Denn für die Unhöflichkeit der Fahrgäste, die keine Türen schließen, kann die Bahn ja nichts. Und die gemeingefährlichen Schnapptüren sind ja überhaupt nur deshalb eingeführt worden, um den Höflichkeitsmangel der Fahrgäste durch einen technischen Mangel auszugleichen.
  Und Deutschland braucht ja auch mehr Optimismus und keine Meckereien. Deshalb erzähle ich jetzt keine Dinge, sondern sage etwas Positives über das Bahnfahren. Also ... äh ... ja ... Blumen! Ja, Blumen sind doch irgendwie was Positives. Und wenn man bei der Bahnfahrt aus dem Fenster schaut, sieht man dann und wann auch mal Blumen.
  Na bitte, da geht es doch gleich aufwärts mit Deutschland und der Bahn!

Keine Kommentare: