Mittwoch, 13. Februar 2008

Nemesis

Am Freitag war meine Schwester zu Besuch. Sie hatte ein Vorstellungsgespräch in Düsseldorf, und dorthin gelangt man am besten mit der S-Bahn ab Leverkusen-Rheindorf. Und eben zu diesem Bahnhof brachte ich sie dann am Morgen.
  Den Weg kenne ich gut. Von 2001 bis 2003 habe ich für den Sybex-Verlag gearbeitet und bin die Strecke daher regelmäßig gefahren. Auch meine schlechten Erinnerungen an den Rheindorfer Bahnhof resultieren aus dieser Zeit. Von banger Erwartung erfüllt, stieg ich also mit meiner Schwester die Treppe zum Bahnsteig empor - und tatsächlich, da war sie auch schon: meine alte Nemesis. Der gefürchtete ... Fahrkartenautomat!
  Fairerweise muss ich sagen, dass es nicht wirklich meine alte Nemesis war, sondern ein neuer Automat, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Neu, aber nicht besser - denn so, wie der alte Automat vor Jahren schon in zwei Dritteln aller Fälle defekt war, so versagte auch der neue mir seine Dienste. Mit meinem Ärger hatte er wohl schon gerechnet, und sich einen Techniker als Verstärkung geholt. Der begrüßte mich, als ich auf den Automaten zuging, mit den Worten: "Tut mir Leid, Display ist defekt. Sie müssen sehen, ob Sie damit zurechtkommen, oder ..."
  Mit einem vielsagenden Achselzucken ging der Techniker davon und ließ mich mit dem Ungetüm allein. Ich schaute das Ding an, und fand das Display schwarz. Meine Schwester, die bessere Augen hat, erkannte allerdings verschwommene Umrisse und ansatzweise lesbare Schrift. Damit versuchten wird dann mehrere Minuten lang, doch zu einer Fahrkarte zu gelangen. Das hätte vielleicht funktioniert, wenn es gereicht hätte, nur ein Feld mit der Aufschrift "Düsseldorf Hbf" zu drücken. Tatsächlich aber führte jeder unsichere Tastendruck nur zu einem weiteren Untermenü mit weiteren Fragen - Alter, Größe, Augenfarbe, all das wollte der Automat erst mal wissen, um eine Fahrkarte drucken zu können. Nun ja, genau genommen konnte man nur erraten, was genau das Ding denn alles fragte.
  Zuletzt gaben wir auf und fuhren eine Haltestelle weiter nach Langenfeld. Wo wir dann einen funktionierenden Automaten und eine S-Bahn in letzter Sekunde erwischten.


Festzuhalten bleibt, dass die Bahn in den letzten fünf Jahren zwar den Automaten ausgetauscht hat, aber trotzdem keine funktionierende Kartenausgabe in Rheindorf installieren konnte. Dabei ist das Ärgernis schon uralt: Bereits vor fünf Jahren tat der Automat in den allermeisten Fällen gar nichts - und einmal schluckte er zwar mein Geld, gab aber keine Karte aus. Was doppelt ärgerlich war. Aber Probleme bekommt man ohnehin, weil man ja auch im Zug nicht mehr nachlösen kann - und mehr als die Hälfte aller Fahrten aus technischen Gründen ohne Fahrausweis antreten zu müssen, ist Stress pur. Zwar musste ich letztlich nie ein erhöhtes Entgelt bezahlen, aber teilweise minutenlanger Streit und Diskussionen mit dem Schaffner sind auch eine Zumutung für den zahlungswilligen Kunden.
  Im letzten halben Jahr hat meine Schwester übrigens in Belgien gearbeitet. Und schwärmte vom dortigen Nahverkehr, wo man ganz stressfrei seine Tickets beim Schaffner im Zug löst, und das auch noch zu für deutsche Verhältnisse ungekannt günstigen Preisen. Ja, ich muss sagen: Diese Berichte haben auch nicht dazu beigetragen, meine Stimmung zu heben. Und man fragt sich doch: Warum geht das hier nicht? So schwer kann das gar nicht sein. Und seine Kunden zu verärgern und ihnen jeden Kauf möglichst schwer zu machen, ist weder betriebswirtschaftlich nötig noch besonders sinnvoll.
  Aber anscheinend ist das die Art, wie sich ein ehemaliger Staatsbetrieb privatwirtschaftliches Arbeit vorstellt.

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