Donnerstag, 3. August 2017

Von Phobien und Therapien

Es gibt Leute, die haben Angst vor Spinnen. Die große schwarze Spinne auf unserer Kellertreppe hat Angst vor Kartons.
  Jede Nacht kommt sie aus ihrem Versteck heraus und sitzt in ihrem Netz. Anfangs ist sie immer geflüchtet, wenn ich die Kellertreppe langkam. Inzwischen beeindruckt sie das nicht mehr. Nur wenn ich einen Karton in den Keller trage oder aus dem Keller heraufhole, dann kann ich sie laufen sehen - schwupp, verschwindet sie in ihrem Winkel.
  Keine Ahnung, woher die Angst vor Pappkartons kommt. Aber es funktioniert immer. Ich gehe an der Spinne vorbei - nichts passiert. Ich gehe mit einem Pappkarton in der Hand an der Spinne vorbei - Panik bricht aus!

Es gibt Leute, die bekämpfen die Spinnen in ihrem Haus. Andere kämpfen gegen ihre Spinnenphobie an. Ich habe mir jetzt das Ziel gesetzt, meine Kellerspinne von ihrer Päckchen-Phobie zu kurieren. Also bringe ich Kartons bevorzugt nachts in den Keller, oder hole sie von dort für die Altpapiertonne wieder hervor.
  Mal sehen, wie lange es dauert, bis die Spinne sich auch daran gewöhnt hat.

Gestern allerdings haben meine Bemühungen einen schweren Rückschlag erlitten. Ich habe einen Karton aus der Wohnung getragen und mich übel daran geschnitten. Erst dachte ich, der Karton wäre feucht gewesen. Und klebrig. Als ich eine halbe Minute Später ins Bad ging, um mir die Hände zu waschen, stellte ich fest, dass die ganze Hand nass und rot war, als hätte ich sie in einen Eimer Blut getaucht. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein einfacher Papercut (ca. 3cm lang) derart bluten kann ... :-(
  Seitdem, ich schwör's, kann ich die Spinne im Keller grinsen sehen, wenn ich vorbeikomme. Dieses »Hab ich's doch gleich gesagt ... dass Kartons gefährlich sind«-Grinsen. Das hört keiner gern, vor allem nicht von so einem achtbeinigen Besserwisser.
  Na, egal ... Nur weil sie recht behalten hat, heißt das ja nicht, dass die Pappkarton-Furcht dieser Spinne nicht trotzdem eine paranoide Phobie darstellt. Also trag ich weiter die Kartons an ihr vorbei, tu so, als wär nichts passiert und warte darauf, dass sie bei dem Anblick nicht mehr abhaut.
  Und der Schnitt am Daumen bleibt sicher unter einem Pflaster verborgen.

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