Freitag, 22. November 2024
Biden als Rolemodel
Nun ist also auch die Kanzlerfrage bei der SPD entschieden und die Frage beantwortet, ob Scholz bei der nächsten Wahl "den Biden gibt". Was aber auch nur ein Problem fortsetzt, das man schon länger nur mit Kopfschütteln beobachten kann: Warum schaffen es gerade die Parteien, die immer wieder über die zunehmende Bedrohung der Demokratie klagen, nicht einmal mehr, einfach selbst den Kandidaten zur Wahl zu stellen, den die klare Mehrheit der Wähler bzw. der eigenen Parteianhänger bevorzugen würde?
Man sollte sich erinnern, dass schon die CDU die letzte Wahl nur deswegen verloren hat, weil sie sich mit dem beim Wahlvolk "zweitbeliebtesten" Kandidaten zufrieden gab, nur weil dieser gerade mal eine Mehrheit bei der Parteispitze kriegen konnte. Die Überlegung, dass es "wahrscheinlich trotzdem für die Wahl reichen wird", reichte dann schon, um ihn zu qualifizieren ... nur leider reichte es eben nicht mehr für einen soliden Vorsprung, der auch einen Rückschlag im Wahlkampf hätte verkraften können.
Bei der Wahl in den USA sorgte dann auch Bidens langes Festhalten an der Kandidatur dafür, dass es keine Vorauswahl geben konnte, bei der sich noch der beste Kandidat der Demokraten hätte durchsetzen können. Denn bei den Diskussionen darüber, wer der beste Ersatz für Biden wäre, wurde schon klar genug, dass da auch Harris nicht die erste Wahl war - aber letztendlich doch genommen werden musste, weil sie zu diesem späten Zeitpunkt die einzige war, die man noch ohne Verlust des Wahlbudets vorschieben konnte.
Bei der CDU in dieser Wahl dasselbe Bild - jeder weiß, dass Merz nicht der beliebteste Kandidat bei der CDU ist - aber, nun ja, "wahrscheinlich reicht es trotzdem". Und anstatt die Chance zu nutzen um als Underdog zumindest einen beliebteren Kandidaten ins Feld zu führen und damit zu punkten, wird es bei der SPD nun also doch wieder Scholz. Obwohl man da nicht mal die "wahrscheinlich reicht es noch"-Karte ziehen kann ... Warum verdammt noch mal scheinen in den westlichen Demokratien die führenden Parteien nicht mal dann in der Lage zu sein, sich aus dem Netz persönlicher Eitelkeiten zu lösen, wenn regelrecht ihre eigene Existenz davon abhängt?
Ob man mit dieser Art der Kandidatenauswahl das Wahlvolk für "Demokratie" begeistern kann, scheint eine Frage zu sein, die gar nicht mehr gestellt wird beim Postengeklüngel an der Spitze. Schade eigentlich. Einfach mal einen beliebten Kandidaten zur Wahl zu stellen, scheint doch das einfachste zu sein, was man schon mal tun könnte, wenn man tatsächlich die Bedrohung durch populistische Parteien beklagt.
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