Sonntag, 25. März 2007

Gorilla Marketing

Letzten Dienstag bekam ich vormittags einen Anruf von Weltbild. Ob ich auch zufrieden sei mit ihrer Firma, wollte der Anrufer wissen. Ob ich der Ansicht wäre, es müsse etwas verbessert werden. Ich wüsste nichts dergleichen, antwortete ich und wartete auf das unvermeidliche Produktangebot.
  Doch es gab keine Werbung. Der Anrufer bedankte sich und legte auf. Überraschenderweise hatte er tatsächlich nur nach der Kundenzufriedenheit fragen wollen.
  Nun, hätte er nur drei Stunden später angerufen, hätte ich ihm dazu etwas ganz anderes erzählen können.


Denn am Nachmittag traf bei uns eine Lieferung von Weltbild ein, für meine Freundin: der erste Band einer Sammelreihe zur Zeitgeschichte, und zwar ganz speziell zum Anschlag auf das World-Trade-Center. Nun konnte ich mich noch sehr gut an den Werbeanruf von Weltbild erinnern, den meine Freundin einige Wochen zuvor erhalten hatte und in dem ihr eben diese Sammelreihe angeboten worden war.
  Und ihre Antwort war nein gewesen – kein Interesse.
  Wir hatten sogar noch darüber gelästert, dass hier ja nun wirklich das langweiligste Thema überhaupt verkauft werden sollte, und dass so ziemlich jede andere historische Reihe mehr Interesse gefunden hätte. Zeitgeschichte ist nun mal nicht unser Ding – weder meines noch das meiner Freundin. Und auch der Verkäuferin am Telefon war das so mitgeteilt worden. Ich frage mich also, was an diesem auch noch wohlbegründeten Nein so schwer zu verstehen gewesen sein mag?
  Jedenfalls war meine Freundin reichlich angesäuert, und ich ebenso. Und dementsprechend ungehalten fiel dann auch die Mail aus, die wir an den Weltbild-Sammelbandservice schickten. Immerhin liest man in letzter Zeit immer häufiger von rüdem Telefon-Marketing, wo mit Brachialgewalt ein Vertragsabschluss herbeikonstruiert wird. Auf diesem Gebiet ist meine Toleranz auch für einfache Fehler also so ziemlich bei 0 angekommen.


Nun, es war wohl ein einfacher Fehler, und keine Methode – denn Weltbild antwortete zwei Tage später und räumte das Versehen ein. Außerdem boten sie an, meine Freundin künftig aus der Telefonmarketing-Liste zu streichen – was wohl sinnvoll ist, da weder sie noch ich jemals etwas bestellen, ohne ein schriftliches Angebot vorliegen zu haben.
  Man könnte also meinen, es war nur ein entschuldbares Versehen. Kann ja mal vorkommen. Aber auch jetzt noch, mit weiteren zwei Tagen Abstand, stelle ich fest: Der Ärger und der schlechte Eindruck ist trotzdem da und kann auch durch eine Entschuldigung nicht einfach ungeschehen gemacht werden.
  Wenn der nette Herr von Weltbild das nächste Mal hier anruft, werde ich mich trotzdem beklagen. Und fordern, ebenfalls von dieser Liste gestrichen zu werden – obwohl ich streng genommen ja gar nicht betroffen war, sondern nur diese schlechte Erfahrung einer anderen Kundin mitbekommen habe.
  Man kann also feststellen: Der schlechte Eindruck eines solchen Fehlers zieht Kreise. Und bei einem flüchtigen Medium wie dem Telefon sind solche Fehler vorprogrammiert – seien es nun Missverständnisse, ein falscher Mausklick auf Seiten des Verkäufers oder auch ein „versuchen wir's mal“ durch einen Provisionsempfänger.
  Und mein Fazit aus dem Ganzen ist also eine Frage: Warum lässt sich ein an sich seriöses Unternehmen, das sein Geld eigentlich auch auf normale Weise verdient, überhaupt auf so eine Marketingstrategie ein, die eigentlich nur den Ärger des Kunden provoziert? Warum riskiert ein Unternehmen die Zusammenarbeit mit Telefondrückern, obwohl eigentlich klar ist, dass jede negative Erfahrung von Kunden letztlich auch auf das Gesamtunternehmen zurückfällt?

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