Letztens habe ich mal wieder die Neuverfilmung der »Zeitmaschine« gesehen, und ich muss feststellen: Der Film gefällt mir auch beim dritten Anschauen noch. Vieles greift ineinander, ist sehr stimmungsvoll - auch wenn die Geschichte anders ist als in den früheren Verfilmungen oder gar im Buch. Aber andererseits hatten auch schon die vielgelobten älteren Filme nicht viel mit der Vorlage zu tun. Kann man dem neuesten Remake da seine Freiheiten vorwerfen?
Nun, man kann, offenbar. Jedenfalls wurde das in der Rezeption des Films ja sehr oft getan und akribisch all die Neuerungen aufgeführt, die der moderne Film eingebracht hat. Und stets unter dem Tenor: Alles Neue ist schlechter, die Klassiker werden heute nicht mehr erreicht.
Was mich dann zu dem eigentlichen Thema meiner Betrachtung führt, nämlich eben dieser nostalgischen Hinwendung zu den »Klassikern«, den ich gerade in der SF-Szene sehr oft beobachte. Nicht nur dort, aber ist es dort nicht besonders paradox? Da gibt es jede Menge Fans, die immer wieder die Heroen einer »Blütezeit« der SF zelebrieren, aus den 60ern oder den 70ern, und modernere Werke demgegenüber kritisch sehen. Dabei sind die alten Werke, nüchtern betrachtet, vor allem eines: alt. Aus heutiger Sicht eben keine SF, sondern ehemalige SF - auf dem Weg in die Geschichte, dorthin, wo man heute die wahren Klassiker des Genres findet.
Klassiker wie eben die Zeitmaschine, oder andere utopische Romane vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Jahrhunderte davor. Von denen habe ich im letzten Jahr eine Menge gelesen, als Vorbereitung für meinen neuen Roman »Lichtbringer«, und das lustige ist: Ich habe sie gelesen, weil es SF ist, die sich aus heutiger Sicht wie Fantasy liest, und damit natürlich ideal geeignet ist für Anspielung und Verweise in einem Fantasyroman mit futuristischem Ambiente.
Und da liegt das eigentlich Paradoxon der Situation: SF, je älter sie wird, liest sich immer mehr wie Fantasy. Und zugleich mischt sich in den Niedergang der heutigen SF, wie er von vielen Fans konstatiert wird, die Klage, dass das Interesse an der Zukunft, an Technik und anderen Themen der SF erlahmt und die Leserschaft sich lieber der Fantasy zuwendet - eine Klage, die von den alten Fans vorgetragen wird, die selbst vor dieser Entwicklung in die alte SF fliehen - also in jene SF, die selbst bereits ihre langsame Drift in Richtung Fantasy angetreten hat.
Sprich: Was jene Fans beklagen, ist im Grunde genau jene Tendenz, die sie selbst in ihrem Leseverhalten und ihrer nostalgischen Rückwärtsperspektive auf ihre Literaturgattung an den Tag legen. Und wo sollen die gewünschten Impulse für die moderne SF herkommen, wenn selbst die Fans ihre ganz eigene Flucht in die Vergangenheit antreten?
So viel zu den Assoziationen, die so ein kleines Filmremake bei mir in Gang gesetzt hat. Was für Konsequenzen das hat? Nun, natürlich gibt es auch heute noch SF, eine Entwicklung des Genres, und viele Bewunderer der Klassiker haben durchaus noch einen Finger auch am Puls der Zeit. Nostalgische Verklärung und eine Flucht in die Vergangenheit ist auch nur eine Teilströmung in der SF-Szene, die unabhängig und parallel zu allem anderen existiert.
Aber auffallen tut es doch, mit allen Widersprüchlichkeiten. Und ich denke, es ist ein Punkt, an dem sich ein kurzes Innehalten und Nachdenken doch lohnt - bevor man den nächsten Dick oder Asimov aus dem Regal fischt und darüber klagt, dass solche SF heute ja nicht mehr geschrieben wird ;-)
Mittwoch, 26. September 2012
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