Sonntag, 26. Juli 2015

PC schrauben

Linda hat mir irgendwann mal einen Beitrag auf Facebook gezeigt: "Clinton und Bush kandidieren für die Präsidentschaft - Der neue Teil von Jurassic Park steht an der Spitze der Kinocharts - der neue Terminator ist angekündigt ... in welchem Jahrhundert leben wir eigentlich?"
  Wie wahr, wie wahr, kann ich nur sagen. Die 90er sind zurück. Auch in der Computerwelt. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Computerei in den 90ern. Beispielsweise an die damaligen Windows-Versionen. Windows war seinerzeit nur eine grafische Oberfläche für DOS, und wenn man mal ein echtes Problem hatte und wirklich ernsthaft was an der Technik einstellen wollte, dann wechselte man auf die Kommandozeile. Ich erinnere mich noch sehr gut an das Erscheinen von Windows XP: Zum ersten Mal konnte ich wirklich alles in den Menüs einstellen, und von Stund habe ich nie wieder eine Befehlszeile eingetippt.
  Bis zum letzten Jahr. Mein erstes Problem mit Windows 8, ich suche im Internet nach Tipps, und die einzig funktionierende Lösung lautete: "Rufen Sie die Kommandozeile auf und tippen Sie ein ..."
  Ja, die 90er Jahre sind in der Tat zurück.

Da ist es nur konsequent, wenn ich einen weiteren Brauch der 90er wiederbelebe und meinen PC selbst zusammenschraube. Das habe ich früher immer gemacht, weil man nur so ein optimales System bekam und auch noch das letzte Quäntchen Leistung aus der Hardware kitzeln konnte.
  So um das Jahr 2000 hatte ich allerdings das erste Mal einen Rechner hier stehen, bei dem ich mir dachte: So, das reicht. Alles läuft perfekt. Schneller muss nicht sein. Und von da an konnte ich mir Fertig-PCs kaufen, weil die auch bei nicht optimaler Konfiguration locker ausreichten, meine Bedürfnisse zu erfüllen.
  Und, ehrlich gesagt: Ich hatte auch so langsam die Schnauze voll von der Bastelei.
  Auf die Gründe, warum ich jetzt doch wieder damit anfange, gehe ich vielleicht noch mal genauer an. Kurz gesagt, ich wollte was ganz spezielles, die Fertiglösungen waren alle so nachlässig zusammengestellt, das locker 25% Prozent Leistung verschenkt wurden, und da sagte ich mir: Das muss nicht sein.
  Also, die perfekt passenden Einzelteile bestellt, gestern angekommen. Und der Zusammenbau begann.

Nach vier Stunden Schrauberei weiß ich jetzt wieder, warum ich damit aufgehört habe. Der Teufel steckt im Detail. So erinnere ich mich beispielsweise gut, dass das Einstecken der RAM-Riegel immer ein wenig heikel war. Auf einer Seite rasten sie ein, auf der anderen Seite wollen sie nicht recht, und zu fest drücken will man ja auch nicht.
  Da war ich froh, als diesmal auf dem Mainboard zwei Hebel pro Speicherstick angeboten wurden, um sie einrasten zu lassen. Der Hersteller bot sogar ein Video an, wie es geht, deutlich sichtbar darin: ein Hebel auf jeder Seite. Auf dem Board tatsächlich vorhanden: nur ein Hebel. Ärgern, andere Videos suchen, feststellen: Der Hersteller hat nur ein Standardvideo für alle Boards, und meins ist offensichtlich das Einzige, das nur einseitig Hebel hat. Also, dieselbe RAMfrickelei wie vor 15 Jahren :-/
  Einbau des Boards im Gehäuse: Ich setze das Board an die Blende für die Anschlüsse, und die Löcher liegen einen halben Zentimeter hinter den Gewinden. Also, wieder raus, gucken, feststellen: Es gibt noch einen zweiten Vorsatz, um die Blende für die Anschlüsse einen halben Zentimeter weiter außen zu montieren. Gesagt getan. Ziemliche Fummelei, passt nicht ganz, ist aber schließlich geschafft. Board wieder rein und ... passt beim besten Willen nicht an die Blende. Blende wieder raus, so eingesetzt wie beim ersten Mal, Board wieder rein ... und plötzlich passt es. Warum???
  Na, egal. Irgendwann war ich endlich fertig. Ich schraube alles zu. Entdecke hinten an den Grafikanschlüssen noch Schutzkappen. Als ich sie testweise abziehen will, bemerke ich: Die Schutzkappen am HDMI-Anschluss ist so beschaffen, dass man sie nach Einbau des Boards nicht abkriegt, weil sich eine rechteckige Kappe nun mal nicht durch eine sechseckige Öffnung ziehen lässt. Darum, das Board noch mal raus, Kappen abziehen, wieder rein ...
  Und so weiter.
  Seufz.
  Also, alles wie früher. Die eigentlich heiklen Aktionen klappen problemblos. Aber dann hält man sich ewig an Kleinigkeiten auf, einfach weil etwas nicht ganz passt, weil die Anleitung nicht stimmt, weil ein Hersteller irgendwo nicht nachgedacht hat. Vermeidbare Verzögerungen.

Wie auch immer. Jetzt bin ich fertig. Im Prinzip. Der Computer läuft allerdings immer noch nicht, schlicht, weil ich feststellen musste, dass mir doch noch ein paar Kabel und Abstandshalter fehlen. Die sind nachbestellt, und in drei Tagen kann ich hoffentlich die letzten Anschlüsse stecken und das Ding endlich testen.
  Und bis dahin meine Rückenschmerzen kurieren.
  Und meine Nostalgie pflegen. Denn an so was erinnere ich mich gut.
  Genauso waren sie, die 90er ...
  Und sie sind wieder da.

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