Sonntag, 4. Oktober 2015

Stuss beim Datenschutz


Es wäre leichter für Verbraucher und Anbieter, den geforderten Datenschutz ernster zu nehmen, wenn die Umsetzung hierzulande nicht so betont schwachsinnig wäre.
Konkretes Beispiel: Wer hat sie in letzter Zeit nicht gesehen, die mal kleinen, mal größeren Einblendungen, die sich auf allen möglichen Webseiten mehr oder minder aufdringlich ins Bild schieben und dazu auffordern, sie anzuklicken, um das Setzen von Cookies zu bestätigen. Einen praktischen Nutzen haben diese Fenster nicht. Wenn man sie nicht anklickt, funktionieren die Seiten trotzdem – offensichtlich muss man also nicht klicken, um die Cookies freizuschalten. Der einzige Unterschied ist, dass man, solange man nicht klickt, von dieser Aufforderung belästigt wird. Oft so penetrant, dass sich das Fenster über den Text schiebt, den man lesen will.
„Dann klick doch einfach“, will der ein oder andere gedankenlose Internetsurfer vielleicht sagen. Aber so einfach ist das nicht. Ich beispielsweise habe mir konsequent angewöhnt, aufpoppende Fenster nicht anzuklicken. Denn man kann nie sicher sein, was so ein Klick auslöst. Wer weiß schon, ob das Fenster tatsächlich vom Anbieter der Seite kommt, oder ob nicht – sei es durch einen Hack oder ganz einfach über eine normale Werbeschnittstelle – von einem böswilligen Dritten ein Script eingeschleust wurde, dass nur so aussieht wie eine „offizielle“ Nachfrage und das in Wirklichkeit den Userklick benötigt, um Malware zu installieren?
Somit reiht sich die Cookies-Frage unter die Vorfälle ein, in denen von offizieller Seite ein Userverhalten gefordert und provoziert wird, das Sicherheitslücken schafft. Und es sind ganz offensichtlich deutsche Datenschutzbestimmungen und deutsche Datenschutzbeauftragte, die diese Sicherheitslücken im Netz erzeugen.

Also, vielen Dank für diesen Beweis der Nützlichkeit von Datenschutz.

Für diesen neuerlichen Beweis – denn es ist bei Weitem nicht die erste Aktion, die am Sachverstand der Beteiligten zweifeln lässt. Ich denke beispielsweise an die Regeln für private Kameras, die vor allem Kriminelle schützen, aber für den Datenschutz in der Regel so irrelevant sind wie die Cookie-Abfragen.
Meinem Gefühl nach werden im deutschen Datenschutz einfach zu viele Luftblasen produziert, die am Ende niemanden schützen, sondern im Gegenteil echten Schutz aushebeln – die also mehr Schaden als Nutzen anrichten. Und das macht es mir schwer, die Akteure auf diesem Gebiet zu unterstützen. Denn wer will sich schon auf die Seite von weltfremden Eiferern stellen, die nur Murks produzieren, selbst wenn ihre Anliegen in der Theorie edel sind?
Wenn es also heißt, wir brauchen mehr Datenschutz, würde ich dem erst mal zustimmen. Vor allem aber brauchen wir anderen Datenschutz. Und vermutlich andere Datenschützer. Denn die falschen Verbündeten können für eine Sache oft viel schädlicher sein als die Gegner. Solange es so läuft, wie es läuft, wundert mich jedenfalls nicht, wenn die Forderung nach Datenschutz von Industrie und Politik belächelt und vom Verbraucher eher gleichgültig bis genervt aufgenommen wird.

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