Montag, 5. Dezember 2005

Wo die Ärzte sparen können

Ganz Deutschland soll den Gürtel enger schnallen, vor allem die Kranken sollen sich auf Einschränkungen gefasst machen – und die Ärzte gehen auf die Straßen und wollen mehr Geld. Passt das den zusammen? Durchaus. Denn die Ärzte beklagen sich darüber, dass sie wegen gedeckelter Budgets geraume Zeit unentgeltlich arbeiten müssen. Und das kann man von niemandem verlangen.
  Aber: NICHT jede Arbeit ist ihres Lohnes wert! Wenn beispielsweise ein Klempner zu Ihnen nach Hause kommt und dort ein Rohr kaputthaut, würden Sie ihm dann die Arbeitsstunden bezahlen, die er braucht, um das Rohr wieder zu reparieren? Sicher nicht. Bevor man also für eine Arbeit Geld verlangen kann, muss man erst mal sicherstellen, dass die Arbeit für den Kunden sinnvoll ist und nicht etwa gar selbst provoziert wurde.
  Es lohnt sich also, auch bei den Ärzten diese Frage einmal zu stellen – und nicht voreilig ihren Protest als unverschämt abzutun oder ihn zu unterstützen. Leisten die Ärzte also Mehrarbeit, die sich nicht selbst verursacht haben, und haben sie selbst alles getan, um diese Mehrarbeit in Grenzen zu halten?


Bei Krankenhausärzten liegt die Sache einfach: Sie kriegen Dienstpläne vorgesetzt und haben wenig Möglichkeiten, auf ihre Arbeitszeiten Einfluss zu nehmen. Und wenn einer daherkommt und anderen vorschreibt, wie lange sie zu arbeiten haben, dann muss er auch bereit sein, diese Arbeit zu bezahlen. Punkt. Die Klinikärzte beschweren sich also gewiss zu Recht. Und dafür spricht auch, dass die Bezahlung deutscher Krankenhausärzte im internationalen Vergleich tatsächlich magerer ausfällt, als es für ein reiches Land wie Deutschland angemessen wäre.


Bei niedergelassenen Ärzten wundert einen der Protest schon eher: Sie zählen doch zu den freien Berufen und sind dementsprechend in der Lage, ihre Arbeitszeiten frei einzuteilen. Wer also zwingt sie, unbezahlt zu arbeiten? »Wir können ja nicht einfach die Praxis dichtmachen und die Kranken draußen stehen lassen!«, wenden die Ärzte ein.
  Nun, wer schon mal versucht hat, an einem Mittwochnachmittag zum Arzt zu gehen, wird diesen Einwand vielleicht nicht ganz schlüssig finden. Aber es stimmt schon: Es gibt einen sozialen Druck und sicher auch ein gewisses Verantwortungsgefühl, dass die Ärzte daran hindert, im Dezember einfach die Praxis dichtzumachen, wenn das Budget erschöpft ist. Und das ist auch gut so.
  Aber wäre das wirklich die einzige Wahl, die den Ärzten bleibt; das Einzige, was sie außer Protesten tun können, um eine gerechte Bezahlung zu erzielen? Nun, unsere Kanzlerin hat gesagt, Deutschland solle mehr Freiheit wagen und die Eigenverantwortung stärken. Und da fällt mir einiges ein, was die freien und selbstständigen Ärzte vielleicht selbst tun können, um Arbeitszeit und Bezahlung in Einklang zu bringen. Ob sie das auch getan haben – das frage ich im ausführlichen Artikel:


<Bezahlt werden wollen wie ein Manager und arbeiten wie ein Beamter – drei Hinterfragungen zur Geschäftsstruktur im Praxiswesen.

Keine Kommentare: