Donnerstag, 29. Januar 2015

Wenn ich mich schäme, Deutscher zu sein ...

Mit großem Tara war er angekündigt worden: ein Mottowagen zum Anschlag auf Charlie Hebdo beim Kölner Rosenmontagszug. Das hat mich noch nicht sehr beeindruckt - das Motiv war insgesamt harmlos und so ähnlich schon öfter aufgetaucht. Kann man noch mal bringen, muss man sicher nicht.
  Sehr viel mehr berührt haben mich die Leserbriefe zu diesem Vorhaben in der nächsten Ausgabe der Tageszeitung. Peinlich berührt, um es deutlich zu sagen: Jede Menge Leute haben ihre Sorge ob der Satire geäußert und gemahnt, dass man doch keine weiteren Anschläge provozieren soll.
  Appeasement gegen Terroristen? Sind wir so tief gesunken? Ist unsere Kultur so schwach geworden, dass wir nicht mehr bereit sind, zu unseren fundamentalen Werten zu stehen und dafür auch ein Risiko einzugehen? Zumal jedem halbwegs denkenden Menschen klar sein sollte, dass man damit nichts erreicht. Appeasement hat gegen Fanatiker noch nie funktioniert.
  Zurückweichen verhindert keine Anschläge. Es führt nur dazu, dass man Schritt um Schritt immer weiter zurückweichen muss. Denn je mehr Angst alle haben und je weniger man sich zu sagen traut, umso weiter schrauben auch die Terroristen ihre Maßstäbe zurück für das, was ihnen als Rechtfertigung für ihre Taten ausreicht. Ganz einfach deswegen, weil die Tat nicht deswegen begangen wird, weil ein Dritter sie "provoziert" hat - sondern weil die Täter die Tat begehen wollen.
  Gründe finden sich dann immer.

Jetzt lese ich gerade, dass das Festkommitee den Wagen tatsächlich wieder gestrichen hat. Was einer der Augenblicke ist, wo ich mich schäme, ein Deutscher zu sein. Wie gesagt, man hätte den Wagen nicht bringen müssen - es gehört ja zur Meinungsfreiheit und zu den Werten unserer Kultur, dass man kein Statement zu allem abgeben muss. Aber wenn man es schon tut, wenn man etwas sagen will, dann sollte man nicht wieder einknicken.
  Denn auch das ist eine Botschaft. Eine Botschaft im übrigen, die weitere Anschläge provoziert - denn was sollte Fanatiker mehr anstacheln als ein Erfolg? Was könnte Terroristen eine größere Bestätigung geben als die Rückmeldung, dass sie tatsächlich Angst und Schrecken verbreiten? Das ist ein Beispiel von Schwäche, das mir jedenfalls deutlich mehr Sorgen bereitet als ein mäßig bissiger Mottowagen im Rosenmontagszug.

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